Zeichner, bleib bei deinen Leisten
Vom ersten Kapitel an machte SHY keinen Hehl daraus, was es sein wollte. Es geht nicht um spannende Action oder fetzige Kämpfe, sondern um Zwischenmenschlichkeit und Charakterbildung. Die inneren Konflikte der Protagonistin, ihre aufkeimenden Beziehungen zu anderen Figuren und ihr Einfluss auf diese. Doch man kann keine Superheldengeschichte erzählen ohne sich ab und an mit Bösewichten zu prügeln. Im ersten Band schaffte die Geschichte es noch geschickt um diesen Umstand herumzumanövrieren, nun führte aber kein Weg mehr darum vorbei. Sowohl beim Training mit Stardust als auch beim anschließenden Kampf mit einem Antagonisten wird der Superkräfte-Bizeps geflext und eingesetzt. Leider merkt man in den betroffenen Panels, dass das leider nicht zu den Stärken von Mangaka Bukimi Miki zählt. Durch zwischendurch eingebrachte Fußnoten merkt man schnell, dass der Charakter SHY eine autobiographische Note mitbringt und als wäre sie auch dafür zu schüchtern, kommt sie in Actionsequenzen nicht genug aus sich heraus. Einige Panels sind etwas konfus oder nicht eindeutig genug, es kommt kein wirkliches Gefühl für Geschwindigkeit oder das Walten unbändiger Kräfte auf. Viele Szenen, denen in anderen Mangas ganze Seiten – wenn nicht sogar Doppelseiten – gewidmet worden wären, speist man hier in kleinen Fenstern ab, bei denen man schon sehr genau hinsehen muss, um den Inhalt zu entziffern. Ich liebe Superhelden, aber ob das Genre der richtige Spielplatz für diese Geschichte ist, wage ich noch zu bezweifeln. Es bleibt zu hoffen, dass auch Bukimi Miki sich von ihrer Figur inspirieren lässt und ähnliche charakterliche Hürden überwindet.
Eine wahre Freundschaft – oder mehr?
Immer mehr in den Fokus rückt auch die Geschichte um SHY, bzw. Teru und Iko, die nach zwei tragischen Situationen als beste Freunde zueinander gefunden haben. Iko ist Terus Muse und Antrieb und ein ganz großer Fokus der Geschichte konzentriert sich auf die sorgfältige Entwicklung ihrer Beziehung. Bisher hat sich in diese Richtung noch nichts angedeutet, allerdings gibt es nach zwei Bänden auch noch keinen Jungen, der Terus Interesse in romantischer Sicht wecken konnte – und gerade in einem auf Gefühle fokussierten Manga ein Bereich, den man zwangsläufig erwarten würde. Vielleicht funkt die autobiographische Note der Autorin hier mit fehlenden Erfahrungen dazwischen? Vielleicht ist das erzähltechnisch einfach kein Bereich, in dem sie sich wohlfühlt? Vielleicht bahnt sich aber auch demnächst zwischen Teru und Iko ein wenig yuri an (japanische Jargon-Bezeichnung für gleichgeschlechtliche Beziehung unter Frauen) – die Voraussetzungen sind zweifelsohne etabliert und überraschen würde es mich nicht.