20. April 2021

SHY – Manga Review

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Eine extrem schüchterne Superheldin? Die kann ja nur aus Japan kommen!

Immer schön der Reihe nach – jedes Land nur einen Helden!

Der Manga SHY von Bukimi Miki beschreibt eine Welt, in der Kriege der Vergangenheit angehören, weil eines Tages Superhelden auftauchten und für Recht und Ordnung sorgten. Jedes Land hat seinen eigenen Helden bekommen, der mithilfe seiner Superkräfte Katastrophen verhindert, Menschenleben rettet und den Frieden sichert. Gerade Amerika, Russland und Großbritannien machen regelmäßig Schlagzeilen mit ihren heldenhaften Ikonen, die den Planeten zu einem besseren Ort machen.

Ein Blick nach Japan allerdings macht deutlich, dass es auch gravierende Unterschiede zwischen den Superhelden geben kann. Teru Momijiyama verkörpert die äußerst passend benannte Shy, die sich nämlich primär durch diese ausgeprägte Charaktereigenschaft auszeichnet: Schüchternheit. Das zum Tagesgeschäft gehörende PR-Geschäft mit öffentlichen Auftritten verursacht bei ihr Schweißausbrüche und Stotterattacken und Kritik an ihren Handlungen lässt sie am totalen, mentalen Zusammenbruch kratzen. Bei einem Unglück im Freizeitpark kann sie zahlreiche Menschenleben retten, doch ein junges Mädchen endet mit schwerwiegenden Verletzungen im Krankenhaus. Hätte Shy schneller sein können? Hätte sie anders handeln oder reagieren können? Die Öffentlichkeit und die Medien sind jedenfalls dieser Meinung. All das Geschimpfe und das Wissen dieses arme Mädchen auf dem Gewissen zu haben treibt Shy sogar in die Isolation und monatelang sieht Japan kein Lebenszeichen seiner Heldin. Die Selbstzweifel sind sogar so groß, dass ihre Superkraft sich gar nicht mehr aktivieren möchte…

Die weibliche Antwort auf My Hero Academia

Einer meiner aktuellen Lieblings-Mangas/-Animes ist derzeit zweifelsohne My Hero Academia mit einer ähnlichen Ausgangslage wie Shy – nur, dass es in MHA noch weit mehr Superhelden gibt. Während man sich dort allerdings mit dem Fokus auf Prügeleien und Wettkämpfen an Genre-Kollegen wie Naruto, One Piece, usw. orientiert, hat Shy buchstäblich einen zurückhaltenderen Ansatz. Kämpfe sind zumindest in Band 1 noch sehr rar gesehen und entscheiden sich nicht durch das Einsetzen einer aufsehenerregenden Spezialtechnik, sondern durch das empathische Verstehen seines Gegners. Hier ist auch allgemein der Fokus der Geschichte zu suchen: Zentral sind die Charaktere, ihre Entwicklungen und das Voranschreiten ihrer Beziehungen zueinander. Nicht einmal auf die Superkräfte scheint sonderlich wert gelegt zu werden – man bekommt zwar ein Gefühl dafür, dass Shy fliegen kann und über ausgeprägte Regenerationsfähigkeiten verfügt oder dass eine Kollegin von ihr die Fähigkeit besitzt zu teleportieren, doch nichts davon wird wirklich erklärt oder speziell präsentiert – es fließt einfach nur als Beiwerk mit in die Handlung ein und verschwindet beinahe im Hintergrund. Um doch etwas fesselndere Spannung aufzubauen, werden die Superkräfte über kurz oder lang unerlässlich sein, doch für die generelle Vorstellung im ersten Band funktioniert das in dieser Form noch gut und ist ein recht erfrischender Kontrast zu bereits genannten Manga-Kollegen.

Von Punkten und Strichen

Auffällig am Zeichenstil von SHY ist das häufig genutzte Punkten von Schattenflächen und die vielen, dünnen, geradezu skizzenhaft wirkenden Linien überall in den Panels. Mit all dem ist auf jeden Fall optisch jede Menge los auf den Seiten des Mangas und man bekommt nicht das Gefühl, dass irgendetwas gehetzt oder weniger liebevoll aufs Papier gebracht wurde.

Ansonsten legt der Manga, wie schon erwähnt, seinen Fokus auf Gefühle und glücklicherweise spiegelt sich das nicht nur in der Geschichte, sondern auch in den Zeichnungen wider. Nicht nur hält Bukimi Miki eine grandiose Vielzahl von ausdrucksstarken Gesichtsausdrücken bereit, sie schafft es auch nur mithilfe von Schwarz und Weiß die Stimmung einer ganzen Szene zu setzen. So sind ernsthafte, bedrohliche Situationen sehr dunkel gehalten, bevor sich alles wieder merklich aufhellt, nachdem die Gefahr überwunden ist.

Fazit

SHY Band 1 ist ein interessanter Auftakt in einem inzwischen durchaus recht etablierten Genre, das aber mit völlig anderen Fokuspunkten besticht und neugierig macht. Zwar verzichtet man nicht vollends auf Action, die Gedanken und Ideen der Autorin fließen aber merklich in andere Bereiche. Die Charaktere erscheinen auf Anhieb alle viel facettenreicher und haben eher tragische als humoristische Seiten. Gerade die Protagonistin Shy mit ihrer höchst introvertierten Art, die in diesem Extrem zweifelsohne sinnbildlich für einige Japaner ist, muss sehr mit sich selbst und ihrer Persönlichkeit kämpfen und spiegelt damit auch die Erfahrungen der Autorin wieder, die dem Leser zwischen den Seiten mitteilt, dass sie menschlich sehr ähnlich war und ist.

Ich bin ein großer Fan von starken, gut durchdachten Charakteren, hoffe aber auch, dass die Reihe sich nicht zu sehr in diesem Fokusbereich verliert. Unterm Strich geht es immer noch um Superhelden mit Superkräften und Superschurken – die Action sollte daher nicht unter den Tisch fallen, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Auch ein bisschen mehr Kontext und World Building wäre nicht verkehrt, um nicht nur ein Gefühl für die Charaktere, sondern auch für die Welt zu kriegen, in der sie leben.

Der zweite Band von SHY erscheint am 3. Juni 2021.

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