Regisseur Sarik Andreasyan liefert mit dem russischen Superheldenfilm seine Antwort auf den US-Blockbuster “Avengers” – und weiß wohl selbst nicht recht, ob er sich dabei ernst nehmen soll.
Regisseur Sarik Andreasyan liefert mit dem russischen Superheldenfilm seine Antwort auf den US-Blockbuster “Avengers” – und weiß wohl selbst nicht recht, ob er sich dabei ernst nehmen soll.
Dabei ist die Story an sich erst einmal ansprechend: Vier Superhelden – oder “Übermenschen”, wie man sie hier nennt – sollen Russland vor einem fiesen Schurken retten. Die Superkräfte der Hauptcharaktere Arsus (Anton Pampushnyy), Khan (Sanzhar Madiyev), Ler (Sebastien Sisak) und Kseniya (Alina Lanina) sind die Folge eines Gen-Experiments der Geheimorganisation “Patriot” zu Zeiten des Kalten Krieges. Als die Sowjetunion zerbricht, werden die Menschenversuche gestoppt und die Superhelden tauchen unter. Jahre später wird Russland vom Bösewicht Avgust Kuratov (Stanislav Shirin) bedroht. Als alles aussichtslos scheint, werden die Guardians erneut rekrutiert.
Ja, okay. Neu ist das ganz sicher nicht. Aber hey, wenn ich mir einen Superheldenfilm anschaue, dann ist das einfach genau die Story, die ich erwarte. Also gehe ich völlig unvoreingenommen in das russische Actionspektakel.
Erst einmal bin ich wirklich positiv überrascht: Eine hohe Bildqualität, die eindeutig mit Hollywood mithalten kann. Stimmungsvolle Musik. Spannendes Intro. Vielleicht wird das doch ein kleiner Überraschungshit? Die kleine “Euphorie” wird nach den ersten Minuten allerdings sofort zerstört. Die Dialoge sind einfach nur flach und konstruiert. Die deutsche Synchronisation leistet hierbei ganz sicher auch ihren kleinen Beitrag. Schon klar: Es ist ein Actionfilm. Da erwarte ich keine tiefgründigen Gespräche. Doch die hölzernen Figuren und teilweise hohlen Sprüche lassen den Film in eine ganz andere Richtung gleiten, als ich es erwartet habe.
Die gesamte Zeit über habe ich das Gefühl, dass der Film genauso wenig weiß, was er nun sein will. Von Anfang bis Ende hagelt es beinahe peinlich gezwungene Witze, die nur selten zünden. Ein kleiner (spoilerfreier) Vorgeschmack:
General: “Haben Sie Fragen Major Latrina?” Darauf die blonde, durch und durch emotionslose Larina: “General, mein Name ist Larina. Und ich habe keine Fragen. Aber ich müsste auf die Toilette.”
Zugegeben, dieser Humor ist natürlich Geschmackssache. Meinen trifft er jedoch leider nicht.
Ja, das klingt nach einer Mammutaufgabe. Aber überraschenderweise sammelt die roboterartige Blondine die Guardians innerhalb weniger Minuten problemlos ein, ohne dabei großen Aufwand betreiben zu müssen. Logiklücken sind natürlich irgendwie ein Teil des Genres. Doch hier fehlt mir einfach der ausgleichende Humor, die Dramatik, der Tiefgang, der mich über diesen Makel hinwegsehen lässt.
Dazu kommt, dass ich auch mit den Superhelden einfach nicht warm werde. Ich entwickle keinerlei emotionalen Bezug zu ihnen. Hintergründe werden nur angekratzt, die Handlung plätschert an einem vorbei und erscheint eher lieblos und hektisch. Figurenentwicklung und Tiefgang sucht man vergeblich. Da helfen leider auch die schönen, gestochen scharfen Aufnahmen nichts.
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Schauen wir über die inhaltlichen Defizite hinweg, bietet Guardians trotzdem knallige Action und Specialeffects. Die Superkräfte und Kampfsenen werden gut in Szene gesetz. Rein optisch braucht der russische Underdog wirklich keinen Vergleich zu scheuen.
Russland bringt mit Guardians einen überraschend bildstarken, actiongeladenen Superheldenfilm. Inhaltlich hat mich Guardians jedoch leider nicht überzeugt. Die Figuren bleiben einfach zu hölzern, die Handlung zu oberflächlich. An manchen Stellen konnte der Film mir durchaus einen Lacher abringen. Doch leider bleibt ständig dieser fiese Nachgeschmack des krampfhaft erzwungenen Witzes, der für mich einfach nicht an den Humor a lá Iron Man und Co. heranreicht. Vielleicht hätte etwas mehr Ernsthaftigkeit dem Film gut getan.
Für Actionfans, die auch mal auf aussagekräftige Charaktere und packende Story verzichten können, ist Guardians durchaus ein netter Film für verregnete Sonntagnachmittage.
Vielen Dank an Gastautorin Maren Selbst für diesen Test!
Japan-Fan, Kaffeejunkie und Sushi-Verrückte aus Leidenschaft mit einer Vorliebe für Goodies und Schnickschnack. Maren steht auf Horror, Gemetzel, Psychothriller und alles, was nicht ganz dicht ist. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit dem verrückten Hutmacher im Wunderland.
3 Comments
Maren, mein Name ist Zimmy. Und ich habe keine Fragen. Aber ich müsste auf die Toilette. Groß. Okay, vielleicht auch nur Pipi. Könnte aber beides kommen. Will mich da nicht festlegen.
Sehr guter Test, der mich voll unterhalten hat. Da sieht man mal, wie sehr die Trailer doch täuschen können und man statt heißen Scheiß und Avengers-Konkurrenz, doch nur was für die Rinne bekommt.
Danke für die ehrliche Kritik.
Ich teile deine Meinung komplett.
Ich hatte gehofft, dass mit Guardians wirklich mal ein cooles Gegenstück zu den Avengers geschaffen wurde.
Schade drum!
Ich werde mir den Film auch irgendwann noch ansehen. Vermutlich mit ein paar Bier. 😀