22. Januar 2015

Into The Woods

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Mit Into the Woods haut Disney den Kinobesuchern kellenweise Märchenmusicaleintopf auf die Leinwände. Neben Rotkäppchen, Rapunzel und Cinderella darf auch Hans (im englischen Jack) seine Bohnen dazugeben… von Schneewittchen mal abgesehen wird hier also ziemlich das Bekannteste aufgefahren, was der Zauberwald hergibt.

Los geht es mit dem unfreiwillig kinderlosen Bäckerehepaar des Dorfes, gespielt von Emily Blunt und Simon Russel Bealle, deren Geschichte zugleich als Bindeglied zwischen den einzelnen Handlungssträngen fungiert. Die freundlichen Teigkneter wurden nämlich dummerweise von der leicht nachtragenden Nachbarshexe (Meryl Streep) mit einem Fluch belegt. Dieser versagt ihnen den Wunsch nach Nachkommen. Um den Fluch zu brechen benötigen sie bestimmte Wertsachen der oben erwähnten Märchenikonen.

Nachdem sich jeder der Protagonisten mit einem Song vorstellen durfte, begeben sich alle in den titelgebenden Wald, wo die klassischen Märchengeschichten ihren Lauf nehmen sollten. Rotkäppchen möchte ihre liebe Großmutter besuchen, Rapunzel ist in ihrem Turm gefangen, Cinderella nutzt den Schutz des Waldes als Versteck und Hans lebt in ärmlichen Verhältnissen mit seiner Mutter. Soweit folgt Into the Woods dem typischen Märchen- / Disneymuster und klingt nach nichts, was man nicht schon seit seinen Kindertagen schon gesehen hätte. Allerdings fällt einem nach kurzer Zeit schmunzelnd schon das ein oder andere satirische Augenzwinkern auf. Überlegt man anfangs noch, ob das nun unfreiwillig komisch oder Absicht ist, wird einem spätestens ab dem wunderbar übertriebenen Duett, in dem sich zwei Prinzenbrüder gegenseitig darum zanken, wessen Herzschmerz nun grösser ist. Klar, dass hier doch versucht wird auf eine andere Art an den alten Stoff heranzugehen. Leider fehlt bisweilen der Mut, noch einen Schritt weiterzugehen, da dieses auf die Schippe nehmen der eigenen filmischen Vergangenheit dem Streifen durchaus einigen Charme verleiht. Positiv ist auch, dass Disney nicht, wie gewohnt, mit einem seichten „Happily ever after“ endet, sondern ein überraschend düsteres letztes Drittel abliefert. Leider liegt hier auch eine der größeren Schwächen, da sich eben jene letzten 40 Minuten etwas arg hinziehen, was meiner Meinung nach hauptsächlich der ewig gleich dunklen Umgebung geschuldet ist. An dieser Stelle hätte es nicht geschadet, das Ganze etwas zu straffen. Außerdem haben mich einige Logiklöcher doch immer wieder mal rausgerissen. Als Beispiel: Nachdem direkt zu Beginn erwähnt wird, dass Rapunzel wohl die Schwester des Bäckers ist, spielt das für ihn schon ab der nächsten Szene nicht die geringste Rolle mehr.

Auf der Habenseite steht allerdings auf jeden Fall die Musik. Auch wenn man nicht unbedingt der glühende Musicalfan ist, wirken die Stücke nur selten anstrengend oder gar nervig. Verantwortlich dafür zeigt sich Stephen Sondheim, der den Meisten wohl durch die Verfilmung von Sweeney Todd ein Begriff sein dürfte und auch bei beiden Stücken die Bühnenversion komponierte.

Ein glückliches Händchen bewies man ebenfalls bei der Wahl seiner Darsteller, wobei Meryl Streep wohl als bekanntestes Zugpferd dient und beim Song „Stay with me“ ganz stark für Gänsehaut sorgt. Sowie sie ein vor allem inszenatorisch beeindruckendes Finale auf den Leib geschrieben bekam. Aber auch sonst muss sich keiner der Schauspieler für seine Leistung verstecken. Das gesamte Ensemble legt zu jeder Zeit eine gute bis sehr gute Performance ab. Etwas schade ist es um Johnny Depps Auftritt. Nicht dass der Mann schlecht singen oder spielen würde, aber seine Mitarbeit wirkt bei weniger als 3 Minuten Screentime doch sehr wie bloßes Namedropping, was der Film nicht nötig hat und sicher manchen Deppfans sauer aufstößt.

Handwerklich wiederum gibt man sich keine Blöße. Man hat sich sogar ein paar nette Ideen einfallen lassen, indem man nicht auf große Effekte setzt, sondern bewusst reduziert vorgeht. Das Mageninnere des bösen Wolfs, beispielsweise, wird mit roten Laken dargestellt um damit eine gewisse Bühnenatmosphäre zu erzeugen, was die Nähe zur Vorlage verdeutlicht. Allgemein entsteht eine überraschend intime Stimmung, die manchmal an die Theater-Ausflüge zu Grundschulzeiten erinnert.

Fazit

Über weite Strecken kurzweiliges Märchenkino, das mit starken Darstellern, guter Musik und unerwartet viel Humor und Selbstironie auch Nicht-Musicalfans zu unterhalten weiß, allerdings über kleine Logiklöcher, einen überflüssigen Johnny Depp und ein zu langatmiges Ende stolpert. Ich gebe solide 3,5 von fünf Sternen, mit dem Hinweis, dass Disneyenthusiasten und Freunde des Gesangsfilms gerne noch einen halben Sympathie-Stern dranhängen dürfen.

 Into the Woods startet am 19. Februar 2015 im Kino

(Vielen Dank an Rina Synthetic und Nicky Ramone)

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Ex_Machina

7. April 2015 0
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