Von Anfang an hat „Squid Game“ mehr sein wollen als bloß ein brutales Spiel ums Überleben. Staffel 3 markiert nun das Finale einer Serie, die wie kaum eine andere das globale Streaming-Zeitalter geprägt hat. Doch gelingt der Abschluss wirklich – oder bleibt nur eine ermüdete Spielwiederholung?
„Squid Game“ Staffel 3 setzt nahtlos dort an, wo die zweite Staffel endete: Seong Gi-hun (Lee Jung-jae) kehrt entgegen jeder Vernunft zurück in das Spiel – nicht mehr als bloßer Teilnehmer, sondern als jemand mit einer Mission. Angetrieben von Schuld, Wut und der Suche nach Antworten, wird er Teil einer neuen, noch tödlicheren Spielrunde. Die Spiele, die nun stattfinden, sind nicht nur körperlich brutaler, sondern psychologisch raffinierter. Sie greifen tiefer in zwischenmenschliche Beziehungen, Loyalität, Gier und Verrat ein.
Parallel dazu versucht Polizist Hwang Jun-ho, endlich die Struktur hinter dem tödlichen System zu entlarven. Neue Figuren wie die undurchsichtige Aktivistin No-eul (gespielt von Park Gyu-young) bringen zwar frischen Wind, bleiben aber in ihrer Tiefe teils unausgereift.
Die finale Staffel spannt den Bogen über insgesamt sechs Episoden, konzentriert sich thematisch aber stärker als zuvor auf Macht, Schuld und Manipulation, statt sich auf spektakuläre Tötungen zu verlassen.
Lee Jung-jae liefert eine seiner stärksten Leistungen ab. Seine Darstellung von Gi-hun, zerrissen zwischen Moral und blinder Wut, verleiht der Staffel emotionale Tiefe. Der Wandel vom Opfer zum Rächer, vom Beobachter zum Teil des Systems, wird glaubwürdig und schmerzhaft inszeniert. Dabei wirkt Gi-hun nie wie ein Superheld, sondern bleibt stets ein Mensch – erschöpft, verbittert, aber noch immer von einer leisen Hoffnung getrieben.
Nebenfiguren wie Jun-ho oder die neuen Spielteilnehmer*innen erhalten leider nicht die emotionale Tiefe, die man sich wünscht. Einige Charaktere erscheinen eher als dramaturgisches Mittel denn als glaubwürdige Figuren – insbesondere die „VIPs“ mit ihren überzeichneten, fast karikaturhaften Auftritten.
Staffel 3 bleibt ihrer gesellschaftskritischen DNA treu. Kapitalismuskritik, Klassenunterschiede und moralische Korruption bilden erneut das Fundament der Handlung. Doch diesmal wagt sich die Serie noch weiter vor – sie thematisiert Medienmanipulation, soziale Isolation und den menschlichen Hang zur Selbstzerstörung.
In einer der stärksten Szenen der Staffel wird das Spiel „Verstecken“ in einem surrealen, Van-Gogh-artigen Labyrinth inszeniert. Es ist nicht nur optisch ein Höhepunkt, sondern steht sinnbildlich für die Selbsttäuschung vieler Teilnehmer: dass man sich vor Schuld verstecken könne, dass man dem System entfliehen könne, ohne selbst Teil davon zu werden.
Dennoch wirkt die Kritik manchmal zu plakativ, als wolle sie mit dem Holzhammer auf Missstände hinweisen, statt sie subtil zu entlarven. Gerade in Dialogen verliert die Serie an Eleganz und verkommt punktuell zur moralischen Predigt.
Visuell ist Staffel 3 erneut beeindruckend: Farben, Kameraeinstellungen und Setdesign bewegen sich auf Kino-Niveau. Die Spiele sind fantastisch choreografiert, mal minimalistisch, mal surreal, stets bedrückend. Die ikonische Musik von Jung Jae-il bleibt fester Bestandteil – mal melancholisch, mal martialisch.
Besonders hervorzuheben ist die letzte Folge: Das große Finale spielt nicht nur mit unseren Erwartungen, sondern mit der Realität selbst. Die Grenze zwischen Spiel und Wahrheit verschwimmt zunehmend – was bleibt, ist ein intensives psychologisches Kammerspiel.
So stark Staffel 3 in ihrer Atmosphäre und Hauptfigur ist, so unausgewogen wirkt sie strukturell. Die Nebenhandlungen – etwa Jun-hos Undercover-Mission – wirken überflüssig und führen zu keinem wirklichen Höhepunkt. Einige Charaktere bleiben bloß Staffage.
Auch das Pacing leidet: Während Folge 1 und 6 brillieren, sind die mittleren Episoden schleppend, stellenweise repetitiv. Das dramaturgische Ziel, Spannung aufzubauen, wird durch zu viele erklärende Rückblenden und Dialoge gestört.
„Squid Game – Staffel 3“ ist kein makelloses Meisterwerk, aber ein starker, visuell überwältigender und moralisch herausfordernder Abschluss einer beispiellosen Serie. Trotz erzählerischer Schwächen gelingt es Regisseur Hwang Dong-hyuk, die Geschichte von Gi-hun zu einem emotionalen, bedrückenden und kompromisslosen Ende zu bringen.
Für Fans, die bereits in Staffel 1 und 2 die düsteren Themen schätzten, ist Staffel 3 ein Muss – nicht nur als Finale, sondern als Reflexion über Macht, Schuld und Menschlichkeit in einer Welt, in der das Spiel nie wirklich endet.
Die Olle aus Youtube. Zimmy steht auf Nostalgie, Pixelblut, Retro, Oldschool, Newschool, Games, Videospielkultur, Filme, Serien, 80er-Kram. Kocht 1-Minuten-Reis in 58 Sekunden. Kann Pulp Fiction mitsprechen. Unterstützt keine Downloads. Geht nie ohne Handheld aus dem Haus. Oft kopiert – nie erreicht. Liebt Videospiele. Keep on zocking!