Ganze sieben Jahre nach Erscheinen von Fallout 3 kommt nun endlich der vierte Teil der postapokalyptischen Serie in unsere heimischen Gefilde. Wir wurden schon auf der Gamescom ordentlich gehyped und eins muss man den Machern Bethesda lassen. Nicht lang ankündigen, sondern auch zuverlässig und schnell das Spiel rausbringen. Ich habe mir in Fallout 4 das verfallene Boston und das Ödland mal zur Brust genommen und hier bekommt Ihr meinen Test als altes Fallout-Fangirl nach recht schlaflosen 26 Stunden.

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Das Gras ist Grün, der Himmel blau, man hat ein ansehnliches Häuschen und sonst scheint alles sicher und perfekt. Da trinkt man seinen Morgenkaffee, spielt nochmal mit seinem kleinen Sohnemann im Kinderbettchen und zieht die Spieluhr auf, und unterhält sich mit seiner geliebten Frau am Frühstückstisch- plötzlich klingelt es an der Tür. Wer ist das? Wieder so ein nerviger Vertreter oder etwa die Zeugen Jehovas? Wer in Gottes Namen stört jetzt? Wer kennt es nicht?
Miesmutig schlurfe ich zur Tür und öffne Sie: „Guten Tag, ich bin von Vault Tech und sie und Ihre Familie sind dazu auserkoren im Falle des Falles in einem unserer Vault Tech Hochsicherheitsbunker unterzukommen!“ …eh ja, gut. Ich wechsele ein paar genervt-freundliche Worte, schließe die Tür und widme mich wieder meiner Frau zu, die inzwischen den Fernseher anmachte um das Morgenmagazin oder irgendeine Quizshow zu gucken. „Wir unterbrechen das Programm für eine Sondermeldung!“ Was? Ich schaue aus dem Fenster- ein Atomschlag! Oh nein, oh nein! Ab in den Bunker und in die Sicherheit.

Doch der Schein trügt. Wir steigen in die Vault 101 und erwachen 200 Jahre später aus unserem Kälteschlaf. Was ist hier passiert? Alle tot? Meine Frau- kaltblütig erschossen. Ich muss meine Familie, meinen Sohn finden! So schnappe ich mir das Nötigste und begebe mich auf eine lange Reise ins Ödland um Antworten und Shaun zu finden. Ich bin der einsame Wanderer…

Keine Angst, ich werde keine weitere Story jenseits der Rahmenhandlung erzählen und euch spoilerfrei berichten. Wie auch in den Vorgängern erzählt Bethesda eine tragische Geschichte über den Weltuntergang. Wir schlagen uns als weiblicher oder männlicher Überlebender durch das Ödland, reden mit einem Haufen zwielichtiger aber auch interessante Gestalten, handeln, tauschen, kämpfen gegen üble Gegner und Gefahren wie Menschen, Tiere oder Mutanten. Das ist die Welt von Fallout 4.

Da wir am Anfang überhaupt keine Information besitzen, wo sich unser Sohn befinden könnte, schließen wir uns zunächst einmal einer Gruppe von Siedlern, den Minutemen, an. Die Minutemen glauben an eine gute und positive Zukunft des Ödlands und möchten eine neue Zivilisation aufbauen, wo jeder ohne Angst leben kann. Klingt erstmal gut und wir fangen an unsere erste Siedlung aufzubauen, denn wir sind uns sicher: Das Ödland werden wir noch früh genug kennenlernen und auch Shaun, Shaun ich werde dich finden mein Sohn!

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Die Siedlungen

Mit den Werkstatt-Siedlungen und dem Siedlungsbau erwartet uns ein neues großes Feature in Fallout 4, mit dem wir uns abseits der Hauptstory und den Nebenquests stundenlang befassen können. Man kann sich das in etwa wie bei einem Hausbau-Simulator, dem Ikea-Küchenplaner oder wie bei den Sims vorstellen. Nur, dass wir mit Schrott (Holz, Metall, Keramik oder den Müllfunden des Ödlands) ein wunderhübsches Zuhause errichten. Je nach Anzahl der Bewohner müssen wir für deren Zufriedenheit und Schutz sorgen, sowie die Vorräte nicht außer Acht lassen um unsere errichteten Siedlungen vor Raiderangrriffen ausreichend zu schützen. Hauptsächlich sollten wir darauf achten, dass wir genügend Betten für die Siedler besitzen und diese ein gescheites Dach über dem Kopf haben. Wir sollten aber auch darauf achten, dass wir unsere Siedung mit ausreichend Wasser und Essen versorgen. Dies machen wir indem wir Wasserpumpen mit Generatoren errichten und verbinden. Auch Essen , wie zum Beispiel Mais, Melonen, Getreide und andere Obst und Gemüsesorten können wir anbauen und ernten. Dies kommt nicht nur unserer eigenen Gesundheit zu gute. Im späteren Spielverlauf können wir an unterschiedlichen Orten Leute für unsere Siedlung rekrutieren und über das ganze Ödland verteilt an geeigneten Stellen Siedlungen errichten. Dort haben wir nicht nur immer einen eigenen Schlafplatz, sondern können uns nach Belieben ausstatten und einrichten. Ach ja, habe ich schon erwähnt, dass wir Werkbänke für Rüstungen und Waffen errichten können? Bau dir einfach deine Siedlung so zu recht, wie es für dich am praktischsten ist. Denk auch immer an die Verteidigung vor den Gefahren des Ödlands, wie zum Beispiel den Raidern, die alles plündern, was nicht niet- und nagelfest ist, darum baue dir verschiedene Verteidigungen wie Wachposten oder Schussanlagen auf. Anfangs, das gebe ich gerne zu, hat mich dieses neue Feature von Fallout 4 etwas erschlagen, aber man bekommt einen guten Einstieg mit der ersten Siedlungsquest serviert.

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Es lebe die Freiheit

In Fallout 4 gibt es neben der Hauptquest zahlreiche spaßige und geschichtlich gut erzählte Nebenquests, über hundert Orte und verschiedene Fraktionen und Begleiter zu entdecken. Ich hatte mit Fallout 3 bereits inklusive der DLCs schon 370 Stunden in meinem Spielfortschritt zu verzeichnen und jede angelegte Stunde war für mich keine verschwendete Lebenszeit. Mit meinen bis jetzt 26 Stunden habe ich bestimmt erst die Oberfläche angekratzt, denn der Entwickler spricht von 400 Stunden Spielzeit, aber trotzdem konnte ich schon umfassende Eindrücke sammeln. Bethesda hat übrigens bestätigt, dass es im Frühjahr 2016 erste herunterladbare Zusatzinhalte in Form von Add-Ons geben wird. Des Weiteren kann ein Season-Pass für ca. 30 Euro erworben werden. Ich liebe es das Land zu erkunden und jeden Winkel abzusuchen und habe die schönen aber auch dramatische Geschichten aus dem Ödland genossen, so auch bei Fallout 4. Ihr merkt schon, hier schreibt ein echtes Fangirl. Sorry dafür, aber mir fällt es wirklich schwer etwas richtig Negatives zu finden. Es ist wohl bekannt, dass gerade der Einstig mit der PC Version sehr holprig begann und mit Bugs und Ruckelzuckelorgien zu kämpfen hatte. Regelmäßiges Speichern sollte daher nicht nur aufgrund der ständig lauernden tödlichen Gefahr durchgeführt werden. Bethesda patcht hier schnell und zeitnah nach, sodass auch die PC Fraktion das Spiel genießen kann, ich hingegen hatte mit meiner Playstation 4 Version nichts dergleichen zu Berichten und genoss mit 1920 × 1080 Pixeln ein stabiles Spiel.

Pixel Deluxe – Die Grafik

Atmosphärisch legt Fallout 4 eine große Schippe obendrauf. Der Wetterwechsel, sowie Tag- und Nachtwechsel wie zum Beispiel Sternenhimmel, nukleares Regenwetter, oder aber auch Sonnenschein- alles ist sehr schön in Szene gesetzt. Klar, die Welt ist, wie man es von postapokalyptischen Rollenspielen kennt, eher düster und alles liegt in Schutt und Asche, aber hier bekommt man das richtige Feeling vermittelt. Die passende musikalische Untermalung und die große Liebe zum Detail transportieren das richtige Gefühl.

Wenn man ein Manko Fallout 4 zu Lasten legen muss ist es wahrscheinlich die Grafik an sich. Diese wirkt etwas altbacken und vielleicht einen Tick besser als Fallout 3, auch wenn die Lichteffekte sehr gelungen sind. Die Nebenfiguren wirken an einigen Stellen auch etwas starr. Hand aufs Herz: Wer Fallout 3 oder New Vegas bereits liebte, wird es sicherlich Fallout 4 verzeihen. Grafik ist nicht alles, so heißt es immer und wir werden dafür mit einer guten, zwar nicht außergewöhnlichen, aber mit viel Esprit erzählten Story belohnt.

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Du bist S.P.E.C.I.A.L.

S – Steht für Stärke

P – (Perception) Steht für Wahrnehmung

E – (Endurance) Steht für Ausdauer

C -steht für Charisma

I – steht für Intelligenz

A -(Agility) Steht für Beweglichkeit

L – (Luck) Steht für Glück

Spiel, wen du auch immer möchtest, mit dem S.P.E.C.I.A.L.-Charaktersystem. Vom Soldaten mit Powerrüstung bis hin zum charismatischen Überredungskünstler hast du die Wahl aus Hunderten von Skills und kannst deinen eigenen Spielstil entwickeln.

It’s dangerous to go alone – Die Begleiter

Ihr könnt in Fallout 4 auch alleine und einsam auf die Reise gehen, aber es ist sicherlich nicht schlecht Jemanden zu haben, der einen in brenzligen Situationen oder Feuergefechten zur Seite steht. Zur Not habt ihr auch immer ein Packesel dabei, der für Euch euren Plunder trägt. Ihr könnt mit Eurem Begleiter auch eine Bindung eingehen und je nach Eurem Spielverhalten oder Eurer Charismastufe lassen sich andere Interaktionen verbuchen. Jeder Begleiter besitzt zudem eine eigene spezielle Waffe oder Fähigkeit wie zum Beispiel hervorragenden Nahkampfangriff, Terminals hacken, Schlösser knacken, Feinde über weite Entfernungen wahrnehmen.  An dieser Stelle werde ich Euch die Fundorte verraten.

 

V.A.T.S.

Könnt Ihr Euch an die etwas hakelige Steuerung von Fallout 3 oder New Vegas erinnern? Das ist nunmehr Geschichte. Wir können selbst entscheiden, ob wir lieber in der First- oder Third-Person-Perspektive spielen. Das dynamische V.A.T.S. Kampfsystem verlangsamt Euer Zielsystem und so ist es möglich Feine an verschiedenen Körperregionen ausgewählt zu treffen. Bethesda hat wirklich alles richtig gemacht, denn die Ballermechanik wurde noch mehr optimiert.

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Sammeln und bauen

Der Schrott in Neuengland gibt einiges her. Wir recyclen auf Ödländerart. Das Sammeln und Bauen ist zwar ein optionales Spielelement, aber wir sollten darauf trotzdem nicht verzichten. Gut gerüstet und ausgestattet überlebt es sich leichter. Wer gerne Zeit in das Bauen von Dingen investiert, der kommt voll auf seine Kosten. Das Finden von seltenen Baumaterialien ist ein Ansporn für das Erforschen der Umgebung.  Ich bin wirklich kein Fan davon jeden kleinen Schnipsel im Spiel umzudrehen und abzuwägen ob ein Gegenstand im späteren Verlauf des Spiels noch von Nutzen sein wird. Bei Fallout 4 jedoch bekommt dies eine andere Würze. Wenn ich mir meine eigenen Waffen, Kleidung oder Hilfsmittel in Werkbänken, Kochstellen oder an einer Laborstation zusammenbaue sind diese Herstellungen wesentlich effizienter als die gefundenen Gegenstände. Hier wirken Mentats oder Stimpacks gerne mal doppelt so lang, die Rüstung ist robuster oder verleiht einem Extras und auch die Waffen können nach Belieben im großen Umfang gemoddet werden, sodass sie doch einen ordentlichen Wumms bei Feinden verzeichnen und Eindruck hinterlassen. Liebst du deine Waffe sehr, kannst du Ihr sogar einen Namen geben. Ich habe mein „Pupugeknatter“ jedenfalls echt lieb gewonnen und ersetze sie nur selten bis ziemlich ungern gegen eine legendäre Waffe. Hach Pupugeknatter…

Apropos Knattern: Fehlt dir genug Charisma um bei Frauen zu laden? Kein Problem, ziehe dich ordentlich an! Mit ordentlich meine ich Kleidung, die dir deine speziellen Attribute erhöhen und schon klappt‘s auch mit dem hübschen Ghulmädchen von nebenan!

Die vier Fraktionen

Ach Mensch, wem schließe ich mich nur letztendlich an? Es gibt vier Fraktionen, die uns alle auf Ihre eigene Art gerne ködern möchten. Sei es die militante stählerne Bruderschaft, die mit Waffen und Ehre lockt, oder die guten Minutemen, die eine neue und sichere Welt mit Ihren Siedlungen aufbauen wollen. Diese beiden Fraktionen lernen wir schon sehr schnell im Spiel kennen, bei der anarchistischen Railroad oder aber dem mysteriösen Institut ist Anfangs nur wenig bekannt. Letztendlich ist es unsere eigene Entscheidung, hinter wem wir stehen wollen. Möchten wir alle Optionen im Spiel sehen und durchleben, empfiehlt es sich an Entscheidungspunkten mehrere Speicherstände anzulegen.

 

Fazit

Ach, so ein kleines Ründchen Fallout 4 am Abend geht schon… Denkst du! Ich habe mich selbst ertappt, wie ich in das Spiel versunken bin und wie nach einer durchzechten Nacht mit Augenringen des Todes am nächsten Tag auf die Arbeit kam. Da sieht nach drei, vier Tagen gerne mal die Wohnung aus, als hätte ein Punkkonzert darin stattgefunden. Aber es ist auch herrlich sich im Ödland zu verlieren und komplett abzutauchen. Typisch für Bethesda Spiele bekommen wir einen satten Umfang mit rund 400 Spielstunden präsentiert. Neben der Hauptquest wird uns in den zahlreichen Nebenquests, Siedlungsbauten, Erkundungen, Entdeckungen, Bauarbeiten und Sammlereien nie langweilig. Das gute Gun- und Gameplay ist noch ein Sahnehäubchen obendrauf. Das Ödland kommt glaubhaft rüber und vermittelt uns eine richtige Postapokalytische Stimmung. Leider wurde das Dialogsystem ordentlich entschlackt und so kommt hier und da der Wortwitz oder der sympatische Humor des Spiels zu kurz. Kennt Ihr noch die Entscheidungsmöglichkeiten von Fallout 3? Megaton? Wo wir zwischen Wohl und Leid der Menschen entscheiden mussten? Genau hier in Fallout 4 fehlt mir, mehr Entscheidungen treffen zu dürfen. Das ist zwar alles reine Geschmackssache, aber das Dialogsystem ähnelt meines Erachtens zu sehr The Witcher 3 oder aber Mass Effect und das möchte nicht so ganz zu Fallout passen. Die etwas schwache Rahmenhandlung bekommen wir durch umfangreiche Craftingmöglichkeiten entschädigt. Der Soundtrack untermalt sehr passend das Spielgeschehen und die Musik fängt den Geist der Zeit ein. Man merkt sehr deutlich, dass sich die vier Jahre der Vertonung gelohnt haben- der Umfang an eingesprochenem Text ist größer als in Skyrim und Fallout 3 zusammen. Die Betonungen der Synchronsprecher stimmen und es macht Spaß sein Spiel in der Muttersprache zu genießen. Ich hatte in Fallout 4 das Gefühl, dass die Spezialattribute sich auch mehr auswirken. Gerade beim Charisma merkt man, dass sich andere Optionen und Lösungen eröffnen. Zudem möchte ich positiv erwähnen, dass nicht nur automatisiert, sondern auch manuell abgespeichert werden kann, so können wir, wenn wir das möchten in den Genuss aller vier Enden kommen. „Ach Zimmy, schwärme hier doch nicht so rum, du olles Fangirl. Ich habe bereits 100 Stunden gespielt und ich fand die alten Teile besser!“. Sowas ist doch sehr verwunderlich. Warum investiert man denn so viel Zeit in ein Spiel, wenn es einem keinen Spaß macht? Fallout 4 lädt einfach dazu ein, darin komplett zu verweilen. Apropos Spaß: Der Charaktereditor ist schon etwas sehr feines. Im Netz kursieren schon die schönsten Promis und Verunstaltungen der eigens erstellten Charaktere. Egal, ob Walter White aus Breaking Bad, Rick Grimes aus The Walking Dead, oder aber der Mork vom Ork- der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Letztlich bleibt das schöne Gefühl, sich mit seinen Freunden über Fallout auszutauschen, sich gegenseitig Hinweise und Tipps zu geben und gerne auch mal seinen Kumpel auszuhorchen, welche spielerischen Entscheidungen er getroffen hat um seine Optionen selbst abzuwägen. So sollten Spiele sein, die Spaß machen: Im Gedächtnis und im Munde bleiben.
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25. November 2015 1
3 Comments
  • Hansi 8 Jahren ago

    Ich hab es mir jetzt auch geholt. Das Bauen finde ich total langweilig und unötig aber der Rest ist typisch Fallout und geil!

  • Gurki 8 Jahren ago

    klasse geschrieben. das ding kommt auf meine liste. ich spiel ja aktuell fall out new vegas . 🙂 danke

  • Mützi 8 Jahren ago

    Da hast du dir viel Mühe mit gegeben, finde ich schön 🙂

    Mal gucken, wie mir das gute Ding gefällt 😀

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