Traditionen sind etwas Schönes. Jedes Jahr wieder freuen wir uns zum Beispiel schon auf die Weihnachtszeit, wenn mit schöner Regelmäßigkeit im September die ersten Christstollen im Supermarktregal auftauchen. Immer wiederkehrende Ereignisse haben etwas Tröstliches, etwas Beruhigendes und wir möchten sie nicht missen.
So auch mit „FIFA 15“ – keine große Überraschung, aber trotzdem hat man sich irgendwie drauf gefreut. Nichts desto trotz ist es im Grunde genommen jedes Jahr dasselbe: Fussball bleibt Fussball, aber irgendwie erwarten wir doch jedes Mal, dass die Macher des allseits beliebten Trainingslagers der Couchatlethen das Rad neu erfunden haben.
Doch genau da liegt vermutlich auch das Problem: Essentielle Neuerungen sind nun mal in den letzten Jahren Mangelware geworden. Hashtag Aufschrei – ist ja immer dasselbe! Zwei Teams, ein Ball, zwei Tore.
Was aber möglich ist, sind kleine und doch manchmal das Spielgefühl grundlegend beeinflussende Veränderungen vorzunehmen und somit jedes „FIFA“ doch ein bisschen „neu“ zu machen – auch Sportart und Regelwerk grundsätzlich immer das Gleiche bleiben.
Zu gut also, das die neuen Konsolen – PS4 und Xbox One – hier neue Türen öffnen: War man in Bezug auf die Optik auf der alten Konsolengeneration schlichtweg am technischen Limit angelangt, so konnte EA Sports nun nochmal eine Schippe drauflegen. Die Spieler selbst und besonders ihre Mimik macht schon einiges her, wenn es auch ein bisschen ist wie mit Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett – bei manchen Sportlern bewundert man die fotorealistische Umsetzung der Gesichtszüge, bei anderen wundert man sich über die Entgleisung selbiger.
Nun gut, Hochs und Tiefs in Sachen Spielerdarstellung gab es bei „FIFA“ nun eben auch schon immer. Aber auch an einigen anderen Details wurde ordentlich gefeilt: Zum Beispiel am Zustand der Spielfläche im Verlauf einer kompletten Partie – je nachdem wie lange er bespielt wurde, zeigt der Rasen deutliche Abnutzungsspuren. Bei einem beherzten Schuss kann auch schon mal ein bisschen Grünfläche mit durch die Luft fliegen und wird die Partie im Regen gespielt, können wir sogar noch die kleinen Wassertropfen ausmachen, die vom Ball abperlen. Das ist einerseits natürlich komplettes Detailgewichse, aber andererseits trägt es der realistischen Spielatmosphäre tatsächlich im nicht unerheblichen Maße bei. Ähnlich ist es auch mit der Bewegung am und um das Spielfeld herum: Da wehen Eckfahnen, da wackelt das Tor und generell herrscht am Spielfeldrand mehr Leben durch munter umher springende Ersatzspieler und ähnliches.
Aber nicht nur neben dem Spielfeld herrscht mehr Bewegung, denn auch die Reaktionen und Verhaltensweisen der Spieler wurden verbessert, so dass zum Beispiel die Ballführung auch im hohen Tempo nun noch präziser ausfällt. Auch spielerisch nicht relevante aber dennoch der Stimmung zuträgliche Feinheiten wie etwa die Reaktionen der Spieler auf Fouls oder ähnliches wurden weiter ausgebaut.
Grundlegend verändert hat sich auch die Reaktion der KI auf unser Spielverhalten, denn nun bleibt keine Lücke in unserer Verteidigung mehr unentdeckt. Schnell hat der COM-Gegner unsere Spielweise durchschaut und – insofern wir nichts total Unberechenbares tun – versucht entsprechend schon vorsorglich zu reagieren. Das macht uns die Sache natürlich nicht unbedingt leichter, aber schließlich suchen wir doch alle die echte Herausforderung, oder nicht?
Ärgerlich wird es eher bei einer anderen Neuerung, die mich sowohl im echten Leben als auch im neuen „FIFA“ nah an den Rand eines ausgewachsenen Wutanfalls zu treiben vermag. Stellen wir uns folgende Situation vor: Kurz vor Ende der zweiten Halbzeit, der Gegner liegt knapp in Führung und euer Team erlebt ein letztes Aufbäumen – die Chance zum rettenden Ausgleich zum Greifen nah. Was wird der Gegner also tun? Richtig, Zeit schinden wo es nur geht! Da wird im Schneckentempo über’s Spielfeld geschlichen, jeder Einwurf dauert eine gefühlte Ewigkeit… es ist zum Kotzen. Genau hier hat „FIFA 15“ aber ein bisschen zu viel Wert auf Realismus gelegt, denn diese sportliche Unart ist auch im Spiel mehr als ausreichend vorhanden und es ist genaugenommen nur eines: Nervig.
Eine weit mehr zu begrüßende Verbesserung betrifft die Torhüter, die nunmehr bedeutend schwieriger auszuricksen sind als in früheren Teilen der Reihe. Die Reaktionsfähigkeit des Torwart-KIs wurde ordentlich angezogen und so kann es uns durchaus passieren, dass uns der Ball auch mal vor der Nase weggeschnappt wird, wenn wir uns bei einem Steilpass leicht verkalkuliert haben.
„FIFA 14“ hatte keinen Turniermodus, doch anscheinend hatte EA Sports ein Einsehen mit all jenen, die gerne eigene Turniere erstellen möchten, denn eben dieses Extra wurde mit „FIFA 15“ wieder eingeführt.
Eine weitere nette Neuerung ist die Option, euch Taktikvorlagen abspeichern zu können, zwischen denen dann mit wenigen Klicks hin- und hergewechselt werden kann. Besonders im Karrieremodus kommt das mehr als gelegen, denn oft ist es notwendig, für unterschiedliche Partien auch ganz unterschiedliche Vorgehensweisen zu wählen.
Und wir erfahren noch mehr Unterstützung: Das Dream-Squad-Tool hilft euch dabei – wie der Name schon fast vermuten lässt – euer persönliches Traumteam zusammenzustellen, indem euch schon vor dem Kauf ganz in der Theorie gezeigt wird, wie bestimmte Spieler miteinander harmonieren beziehungsweise funktionieren. Eine nette Hilfe, wenn man ungern die ein oder andere Fehlinvestition in Kauf nehmen möchte!
„FIFA 15“ bietet uns genau das, was wir uns im Grunde genommen alle erwartet haben dürften: Wenn auch das Spielprinzip jahrein jahraus dasselbe bleiben mag, so hat EA Sports doch an einigen Kleinigkeiten ordentlich gefeilt: Die Gegner-KI hat nun ein paar Gehirnzellen mehr, sodass wir das Gefühl bekommen, vor einer echten Herausforderung zu stehen. Insgesamt wurde dem Spielgeschehen auf dem Spiel und auch außerhalb desselbigen mehr Leben eingehaucht und besonders visuell zeigt das neue „FIFA“ uns ganz deutlich, dass die neue Konsolengeneration hier wirklich noch Luft nach oben geschaffen hat. „FIFA 15“ ist grundsolide und Sport(spiel)freunde dürften daran definitiv ihre Freude haben!
