Das Wort „Strategiespiel“ hat immer so einen komischen, trockenen Beigeschmack – irgendwie klingt das verkopft und nicht unbedingt nach einer Überdosis Spaß. Doch – wie so oft im Leben – mag der erste Anschein trügen, wie uns „Anomaly II“ eindrucksvoll beweist.

In recht offensiver Spielmanier wurschteln wir uns durch 14 verschiedene Missionen und nebenbei gibt es auch noch einen über fünf verschiedene Karten verfügenden Mehrspielermodus. Das allgemein große Problem der auf Konsole erscheinenden Strategiespiele macht „Anomaly II“ zu seiner großen Stärke: Ist es für gewöhnlich im Vergleich zu ähnlichen Spielen auf dem PC hier wenig übersichtlich und schwierig, seine Truppen auf der Konsole zu koordinieren, so umschifft „Anomaly II“ diese Schwierigkeit äußerst elegant. Statt tatsächlich die Truppen zu lenken, beschränkt sich unsere Steuerung auf das Lenken des Commanders als kleine Figur auf der Spielfläche. Nichts desto trotz haben wir natürlich die Möglichkeit, auf unser Heer Einfluss zu nehmen – etwa indem wir unsere Feuerkraft auf ein bestimmtes Ziel bündeln oder etwa gewisse Reparaturflächen taktisch klug vor unserem Tross positionieren. Auch gegnerische Türme können manipuliert oder der Feind ganz allgemein abgelenkt werden.

In den Jahren nach der Invasion der Erde im Jahr 2018 ist der Planet voll von Alien-Maschinen. Die Menschheit ist kurz davor auszusterben. In riesigen Konvois suchen sie zusammen in der gefrorenen Tundra nach Nahrung und Vorräten. Seit dem Krieg haben sich die Rollen umgekehrt: Jetzt scheint unsere Spezies die Anomaly auf einem von Maschinen kontrollierten Planeten zu sein. Ihr Konvoi, Commander, nennt sich Yukon.

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Auch die Wegplanung fällt natürlich in unsere Hände: Statt nur neben dem Konvoi herzualbern und ab und an irgendeine Aktion vom Stapel zu lassen, sind wir natürlich auch noch für Streckenplanung und Zusammensetzung unserer Truppen zuständig. An Weggabelungen stehen wir somit vor der Frage, wo’s denn nun langgehen soll – ein einziger Wink mit dem Analogstick reicht jedoch aus, um unser Heer in die gewünschte Richtung zu lenken. In Sachen Zusammensetzung steht es uns frei, eine Truppe aus bis zu 6 Fahrzeugen zusammenzubasteln, doch – ohne Moos nix los beziehungsweise ohne die nötigen Ressourcen kein ordentlicher Konvoi!

Die benötigten Ressourcen wachsen jedoch nicht etwa auf Bäumen, finden sich aber dennoch hin und wieder am Wegesrand – generell lassen sie sich primär über das Aufsammeln selbiger beim Abschuss von Feinden auffüllen.

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Tower Offense VS Tower Defense

Doch zurück zur Truppenzusammenstellung: Insgesamt gibt es 6 verschiedene Fahrzeugklassen, die natürlich alle mit unterschiedlichen Fähigkeiten aufwarten. Gleichzeitig gibt es aber zu jedem Fahrzeug auch noch eine Alternativversion zu der ihr switchen könnt, sodass durchaus einige individuelle Anpassungsmöglichkeiten gegeben sind. Eine wohl überlegte Wahl bei der Zusammensetzung unseres Konvoi ist sogar zwingend vonnöten, denn statt in endlosen Gegnerscharen auf uns einzustürzen, haben auch die Gegner ganz individuelle Handlungsmöglichkeiten und Taktiken. So entscheiden letztlich die zu erwartende Gegnertruppe sowie auch ganz praktisch gedacht das Setting – weitläufig oder stark eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit? Schießen wir auf Distanz oder müssen wir uns im Nahkampf stellen? – über die Wahl der Fahrzeugmodelle.

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Die Missionen selbst allerdings warten zu Beginn des Spiels leider mit recht wenig Kreativität auf: Meist sollen wir feindliche Türme ausschalten oder schlicht von einem Punkt zum nächsten gelangen. Später in der Storykampagne jedoch haben sich die Entwickler ein bisschen mehr einfallen lassen, denn dann müssen wir zum Beispiel einen Energiestrahl von Station zu Station geleiten, bis er letztlich sein Ziel findet. Dann wird auch noch der Commander von seinem Trupp getrennt und wir können nur noch – sehr amerikanisch – den Fortgang des Geschehens per Drohne beeinflussen. Ein bisschen drängt sich da der „Warum nicht gleich so?“-Gedanke auf, besonders unter dem Gesichtspunkt, dass sich solche interessanten Missionsmodelle konzentriert im letzten Teil der Kampagne finden lassen.

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Mini-Transformers

Das eigentliche Missionsdesign ist hingegen wenig spannend. Eigentlich gilt es stets von A nach B zu gelangen oder eine bestimmte Anzahl an Türmen zu eliminieren. Erst gegen Ende überrascht uns „Anomaly II“ mit kreativen Ideen. So trennt ein Ereignis Commander und Konvoi und wir beschützen die Fahrzeuge per Drohne. Ein andermal leiten wir einen Energiestrahl von Station zu Station und schalten unterwegs Feinde mit Störsignalen aus. Warum nicht von Beginn so?

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Der Mehrspielermodus ist auf das reine Online-, nicht aber den lokalen Multiplayer ausgelegt. Mit 5 Karten dürfen wir auch hier keinen endlosen Spaß erwarten, doch insgesamt ist der Mehrspielermodus durchaus solide ausgefallen. Ob in der Rolle der Verteidiger oder der der Angreifer – alles geht leicht von der Hand und ist allemal gut für kurzweilige Unterhaltung. Grundsolide ist auch die Grafik in „Anomaly II“: Schön gestaltete Hintergründe mit klar erkennbarem Blick für’s Detail und in einer ordentlichen 1080p-Auflösung – daran gibt es absolut nichts zu meckern!

FAZIT

„Anomaly II“ ist der perfekte Beweis, dass Strategiespiele auch auf der Konsole funktionieren können. Die Steuerung geht leicht von der Hand und besonders die Steuerung des Commanders statt des ganzen Trupps ist ein feiner Schachzug um eine interessantes und trotzdem gut und übersichlich lenkbares Spielerlebnis zu kreieren. Fordernd, aber nicht überfordernd – Frust kommt höchstens auf, wenn das Spiel nach viel zu kurzer Spieldauer schon wieder vorbei ist – über die kurze Spieldauer täuscht auch kein zusätzlicher Mehrspielermodus hinweg, besonders da auch dieser wenig umfangreich ist. „Anomaly II“ klingt zunächst kompliziert, bietet faktisch aber kurzweiligen Spielspaß für alte Strategie-Veteranen und neu gewonnene Gamer gleichermaßen.

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30. September 2014 4
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