29. August 2018

Divinity: Original Sin 2 (Definitive Edition – Konsolenversion)

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Urlaub in der Strafkolonie

Wer kennt das nicht? Es ist Sommer, die Sonne scheint ohne Gnade auf das Fenster des Büros. Keine Klimaanlage, der Ventilator wirbelt den stickigen Mief von einem Tisch zum Nächsten… da muss man sich doch einfach eine kleine Auszeit gönnen. Zum Beispiel im Ferienlager auf einer Tropeninsel!

So ähnlich hatten sich das die Protagonisten in Larion Studios‘ neuestem Geniestreich wohl vorgestellt, aber natürlich kommt alles immer etwas anders, als man denkt. Willkommen bei Divinity Original Sin 2 – Definitive Edition!

Bei DOS2-DE handelt es sich nicht etwa um ein komplett neues Spiel, sondern vielmehr um eine Überarbeitung des Spiels, die es aber in sich hat. Vorweg die größte Neuerung: Ab sofort dürfen auch Besitzer von Playstation 4 und Xbox One an der Fantasy-Saga teilhaben! Und um dies zu bewerkstelligen, wurden einige Anpassungen und Vereinfachungen in Menüs und Bedienbarkeit eingebaut. Doch dazu später!

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Liebe Sünde

DOS2-DE ist das mittlerweile sechste Spiel in der Welt Rivellon, die das belgische Entwicklerteam von Larion erdacht und realisiert hat. Diesmal entführt uns die Geschichte in eine Zeit, die hunderte Jahre nach den ersten Teilen der Reihe spielt. Viele der Bewohner der Welt verfügen über sogenannte Sourcemagie und die Meisten von ihnen führen auch keinerlei Schabernack oder Schlimmeres im Sinn. Allerdings stellen sich mit der Zeit gewisse Nebenwirkungen ein, namentlich das Erscheinen von Wesenheiten und Monstern aus der Leere, die allzu gerne an Mensch, Zwerg, Elf, Echse und was sie sonst noch so finden herumknabbern.

Das ruft den Divine Order auf den Plan, eine Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Anwender von Sourcemagie sicherzustellen und von ihrer Gabe zu befreien… auf die nicht ganz nette Art. Und so kommt es, dass unsere Protagonisten gekascht, in Ketten gelegt, mit einem anti-magischen Halsband versehen und zur Gefängnisinsel mit dem tollen Namen „Fort Joy“ verschleppt werden. Und es ist klar: Der Fluchtplan wird schon unterwegs geschmiedet!

Reise, Reise

Damit diese Reise auch zum Geschmack eines jeden Spielers passt, präsentiert Larion Studios eine Vielzahl von Schwierigkeitsgraden. Die klassischen Stufen Einfach, Mittel und Schwer werden hier vom Explorer-Modus, Classic und Tactician dargestellt, in denen Spieler und Gegner einen Bonus auf ihre Lebenspunkte erhalten und im Explorer-Modus haben nur Boss-Gegner spezielle Fähigkeiten. Der Honor-Modus macht nicht nur alle Gegner stärker und gibt ihnen mehr Fähigkeiten, sondern stellt auch nur einen Speicherplatz zur Verfügung, der auch noch gelöscht wird, sobald die Party komplett stirbt. Aus die Maus, keine Arme, keine Kekse.

Der neue Story-Modus hingegen ist für Spieler gedacht, die einfach nur gern die Atmosphäre und die Welt kennenlernen wollen. Hier kann man sich jederzeit in einem Kampf aus dem Staub machen und gefallene Partymitglieder wiederbeleben.

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Die Charakterauswahl stellt sechs Hauptcharaktere vor, die mit einer eigenen Hintergrundgeschichte aufwarten und jeweils ein ziemlich düsteres Geheimnis mit sich herumschleppen, welches sich sowohl aufs Spiel auswirkt als auch eine Quest darstellt, die es zu lösen gilt. Und jeder der Wonneproppen ist sympathischer als der Nächste. Doch leider gewinnt hier der schottische Piratenzwerg BEAST! Yaaarrrr… Doch seine Mitstreiter sind auch nicht von schlechten Eltern. Sei es eine von Dämonen besessene Bardin, eine ehemalige Elfen-Assassine, der verstoßene Herrscher eines Echsen-Königreiches oder ein waschechter Untoter, der sich mehr um Bücher und Geschichte als so etwas Banales wie Gefühle, Leben oder gar Moral schert.

Aber natürlich kann auch selbst Hand angelegt und sogar eine untote Variante des Helden ins Abenteuer verschifft werden.

Eine weitere, extra für die Konsole erdachte Neuerung ist der verbesserte Multiplayer-Modus. Vorher nur über Internet möglich, kann man nun auch im Splitscreen einen gemütlichen Couch-Coop mit Pizza und Kalthopfenschorle genießen. Die Spielbarkeit ist hierbei butterweich, der Splitscreen löst sich auf und stellt sich wieder ein, abhängig davon, wie weit die Spieler voneinander entfernt sind. Es ist sogar möglich, völlig unabhängig voneinander zu spielen und vollkommen andere Ecken der Karte oder des Spiels zu erkunden. Somit wird das Quests erledigen entweder zur organisierten Aufgabe oder zum Wettkampf.

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Und gerade die Quests, jede einzelne Aufgabe, jedes Detail ist in der Spielwelt absolut stimmig und durchdacht. Jede Entscheidung und Handlung hat eine Auswirkung, wird von anderen NPCs bemerkt und treibt die Beziehungen zwischen den Charakteren voran. Man hat bei DOS2-DE tatsächlich das Gefühl, in einer lebenden, funktionierenden Welt zu sein, mit der man interagiert und deren Schicksal man mitbestimmen kann. Viele Quests haben unterschiedliche Lösungswege und lassen den moralischen Abgründen des Spielers freien Lauf.

Quests werden natürlich neben unermesslichem Reichtum auch mit Erfahrungspunkten belohnt, die in körperlichen Attributen, Fähigkeiten und Talenten untergebracht werden können. Die Verteilung ist dabei völlig frei und jeder Charakter kann theoretisch jede Spezialisierung bekleiden, unabhängig von der Rolle, die vorgesehen ist.

Die Kämpfe sind rundenbasiert und pro Charakter stehen Aktionspunkte zur Verfügung, mit denen Bewegung und Attacken bezahlt werden. Die Umsetzung der Steuerung für die Konsole ist hierbei sehr gelungen; alle Funktionen sind mit wenigen Tasten zu erreichen und das Anvisieren des Ziels ist ziemlich genau, an manchen Stellen aber recht fiddelig, wenn man den im Nahkampf befindlichen Gegner nicht heilen oder den Feuerball nicht auf den eigenen Kämpfer schießen möchte. Verschiedene Elemente wie Wasser, Feuer und Erde haben unterschiedliche Auswirkungen auf den Gegner und lassen sich sogar miteinander kombinieren! Wasserzauber auf eine brennende Fläche löschen diese, während Feuer auf eine Öllache diese entzündet. Ein Eiszauber lässt aus einem nassen Fußboden eine spiegelglatte Falle werden und ein Blitz auf einen nassen Gegner sorgt für eine spaßige Tanzeinlage.

Auch die Steuerung außerhalb des Kampfes ist mit Analogstick sehr angenehm und weich. Keine Kanten, an denen man hängen bleibt und sehr präzise Eingaben, um sich durch Feuer oder andere Hindernisse zu manövrieren. Auch das Anvisieren von Gegenständen und NPCs klappt (meistens) sehr gut. Sollte ein Gegenstand doch nicht eindeutig zu erreichen sein, genügt ein langer Druck auf die Aktionstaste und es erscheint eine Übersicht aller benutzbaren Gegenstände in der Umgebung, aus der man auswählen kann. Super gelöst!

Das Inventar wurde ebenfalls einer Schönheitskur unterzogen und ermöglicht nun, mehrere Gegenstände gleichzeitig zu nehmen und zu verschieben. Allerdings leidet das Inventar an sich nach wie vor unter der Rollenspiel-Krankheit: Unfassbar überfüllt und unübersichtlich. Hier wäre ein Sortierungs-System hervorragend gewesen, um Items schneller zu finden. Zusätzlich haben, je nach ausgewählten Gegenstand, die Tasten des Controllers andere Funktionen, sodass ein „Wegwerfen, Wegwerfen, Essen, Wegwerfen… was?“ öfter mal vorkommt.

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Spiel mir das Lied vom Source

Optisch hat DOS2-DE keinen Grund, sich zu verstecken. Ja, vornweg, an Grafikreferenzen auf der Playstation braucht es sich nicht zu messen. Aber was es macht, macht es verdammt gut. Gerade die Umgebung der Strafkolonie lässt echtes Urlaubsfeeling aufkommen, mit kristallklaren Buchten, schneeweißem Strand, wundervoll dunklen und klammen Gefängniszellen und brennenden Lavaströmen. Alles ist sehr stimmungsvoll in Szene gesetzt und wirkt nicht überladen oder unübersichtlich. Der rechte Analogstick dient zusätzlich dazu, die Kamera zu drehen und zu zoomen, damit auch in engen Passagen die Übersicht gewahrt bleibt und alle Ecken erkundet werden können.

Der Soundtrack ist eine hervorragend komponierte Mischung aus dezenten Hintergrundklängen, treibender Musik im Kampf und vor Pathos strotzenden Hymnen, die Siege und Erfolge untermalen. Und als besonderen Clou kann der Spieler schon in der Charaktererschaffung ein Instrument wählen, das seinen Charakter thematisch begleitet und immer wieder tragende Melodien übernimmt, als unverkennbares Thema. Ein genialer Einfall und sehr besonderes Feature!

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Wer ohne Sünde ist… Fazit

Nein, einen Stein werfe ich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich breche. Und zwar eine Lanze! Denn Divinity Original Sin 2 – Definitive Edition ist ein Rollenspiel, das seines Gleichen sucht. Die Komplexität und das Spielgefühl in den Rahmen eines Tests zu packen ist schier unmöglich. Sobald man in Rivellon angekommen ist, will man auch nicht mehr weg. Zu genial sind die Dialoge, zu spannend die Story, zu wunderschön die Grafik, zu episch der Soundtrack. Aus nur mal kurz reinschauen wurden am ersten Abend knapp 5 Stunden, von denen mindestens 4 für die Nachtruhe angepeilt waren.

Larion Studios haben sich nicht lumpen lassen und ihr schon geniales Werk Divinity Original Sin 2 um viele Verbesserungen und Ideen bereichert. Und, nebenbei angemerkt, den kompletten dritten Akt vollständig überarbeitet, mit neuen Quests, NPCs, Story… weil man es eben kann. Und weil sie eben echt nette Leute von nebenan sind, bekommen Besitzer der PC-Version die Definitive Edition kostenlos. Einfach so. Weil sie sich bedanken wollten. Einfach mal am 31. August bei Steam reinschauen. Der Wahnsinn!

Leute, was soll ich sagen. Wenn man auch nur ansatzweise was mit Rollenspielen anfangen kann, ist dieser Titel einfach ein Muss. Ich bin vollkommen begeistert und kann jedem ans Herz legen, die Reise nach Fort Joy anzutreten und den Ausbruch aus dem Gefängnis in eine riesige Welt voller Abenteuer zu wagen. Die Absicht, das Gefühl zu vermitteln, statt einem Videospiel in einem Pen & Paper-Spiel zu sein, haben Larion Studios vollkommen erreicht. Der Wahnsinn!

Wertung

9

Fernos Fazit

9.0/10
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