Wenn wir den Begriff „Lebenssimulation“ hören, dann denken wir zumeist an eines: Die Sims. Doch unlängst haben diese kein Monopol mehr auf die unterhaltsame – wenn auch zugegebenermaßen sinnfreie – Imitation des echten Lebens, denn mit „Tomodachi Life“ bietet Nintendo uns nun die Möglichkeit, unseren eigenen kleinen Inselstaat zu gründen.

Zu Beginn des Spiels ist auf unserer Insel erstmal nicht besonders viel los – abgesehen von einem Hotel, das wirkt, als wäre die Touristensaison schon längst gelaufen, gibt es nicht viel zu sehen. Zeit also, dem Eiland ein bisschen Leben einzuhauchen!

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Als erstes wählen wir unser eigenes Mii – dieses bezieht sozusagen als Pionier die Insel. Doch täuscht euch nicht, nur weil euer Avatar nun den karibischen Neil Armstrong mimt, heißt das noch lange nicht, dass er etwas Besonderes ist. Vielmehr werdet ihr schon bald feststellen, dass euer Mii-Ebenbild im weiteren Verlauf des Spiels ein Inselbewohner wie jeder andere ist und – anders als zunächst gedacht – auch nicht die Rolle ist, die ihr in diesem Spiel einnehmt. Ähnlich wie auch bei den Sims seht ihr von oben auf das Geschehen und nehmt auch im übertragenen Sinn eine übergeordnete Rolle ein.

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Die Inselbevölkerung, die ihr nach und nach im Mii-Maker, per QR Code einlest oder direkt im Ingame-Character-Creator bastelt, agiert eigenständig und entwickelt auch ohne euer Zutun Vorlieben und Abneigungen gegen Dinge oder aber andere Bewohner – genauso wie natürlich auch eine zarte Bande zwischen zwei Miis entstehen kann…

Natürlich kann auch eine zarte Bande zwischen zwei Miis entstehen- allerdings nur wie im angestaubten Lehrbuch Biologie 5. Klasse zwischen Männlein und Weiblein!

Das diese allerdings nur wie im angestaubten Lehrbuch Biologie 5. Klasse zwischen Männlein und Weiblein entstehen kann, ist dann doch etwas zu engstirnig in unserer aufgeklärten Zeit. Nach einigen öffentlichen Beschwerden hat sich Nintendo aber mittlerweile für diesen Fehler entschuldigt – man habe es einfach nicht bedacht und wollte nicht etwa die Moralkeule schwingen. Nun gut, sei’s drum..

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Im Spiel könnt ihr nicht nur das Aussehen eurer Miis bestimmen indem Ihr neue Kleidung kauft, sondern auch festlegen, welche Charakterzüge sie haben sollen – zwischen lethargisch-verträumt und ADHS-Overkill ist so ziemlich alles drin.

Auch wenn euer Inselvolk zunächst ganz gut allein klarzukommen scheint, gibt es auch für euch genug zu tun: Zum einen gibt es immer wieder Wünsche und Anliegen der Insulaner, denen ihr Gehör schenken solltet – sei es nun der Wunsch nach einem speziellen neuen Kleidungsstück oder schlichtweg Hunger. Kommt ihr dem Begehren eures Miis zeitnah nach, dann gewinnt es an Zufriedenheitspunkten – ab einer bestimmten Anzahl gesammelter Punkte folgt dann ein Levelaufstieg. Dieser ermöglicht es euch, dem Bewohner beispielsweise exklusive Geschenke zu machen oder er gewinnt eine neue Fähigkeit hinzu.

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Apropos „Kleidungsstück“: Mit steigender Anzahl der Bewohner werden auch neue Locations freigeschaltet, in denen ihr zum Beispiel shoppen gehen könnt, um eure Miis fashiontechnisch immer auf dem neusten Stand zu halten. Neben dem ganz normalen Wahnsinn des Alltags – der zumeist aus dem Erfüllen der Bedürfnisse eures verwöhnten Inselvolkes besteht – könnt ihr euch auch ganz individuell mit einzelnen Miis beschäftigen und mit ihnen Minispiele spielen. Diese sind zwar meist nur kleinere Ratespiele, doch immerhin…soziale Interaktion!

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Manchmal lohnt es sich aber auch, sich schlicht zurückzulehnen und einfach nur das bunte Treiben zu beobachten: Wie gesagt, die Bewohner interagieren auch miteinander, wenn ihr nichts tut und mit ein bisschen Glück werdet ihr Zeuge der absurdesten Gespräche oder könnt beobachten, welche zwischenmenschlichen Dramen sich in der virtuellen Welt abspielen. Besonders lustig ist das, wenn ihr euren gesamten Bekanntenkreis nachbaut – der wird doch nicht!?!

Ja, man kann „Tomodachi Life“ einen gewissen Soap Opera Flair nicht absprechen.

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Die Steuerung des Spiels ist recht schlicht gehalten, aber ist vermutlich gerade deswegen als durchaus funktional zu betiteln. Alles funktioniert über das Touchpad und Gegenstände werden den Miis per Drag-and-Drop in die Hand gedrückt. Auch optisch leistet das Spiel nichts Überdurchschnittliches: Die Hintergründe sind gewohnt farbenfroh, aber ohne großen Detailreichtum gestaltet. Auffällig gut gemacht dagegen ist die Mimik der Bewohner: Was auch immer sie gerade fühlen oder denken mögen, es steht ihnen buchstäblich ins Gesicht geschrieben!

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Überraschend ist auch, dass unser Inselvolk der deutschen Sprache mächtig ist – wobei „mächtig“ vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen ist. Das Spiel ist komplett mit deutscher Sprachausgabe versehen und die Miis quasseln uns von früh bis spät zu, doch leider erinnert uns sowohl die Sprechrythmik als auch die Betonung schwer an den Google Translator. Besonderes bei Eigennamen kann es da schonmal zu unfreiwillig komischen Komplikationen kommen..nun gut, der Wille war da!

FAZIT

„Tomodachi Life“ ist mehr ein Experiment, als dass es ein Videospiel mit klarer Handlung ist. Ihr erstellt die Bewohner eurer Insel, verseht sie mit verschiedensten Charaktereigenschaften und dann lehnt ihr euch zurück und guckt zu – ein bisschen eben wie ein interaktives GZSZ. Völlig untätig müsst und dürft ihr dann aber doch nicht bleiben: Es gibt verschiedene Interaktionsmöglichkeiten mit den Miis, die meist darum kreisen, allerhand Wünsche zu erfüllen. Erfüllend im eigentlichen Sinne ist das für uns nicht unbedingt, denn im Grunde genommen wiederholt sich alles recht schnell. Das Spiel lebt von seiner Absurdität und seinem Witz – wer allerdings schon für die Sims keinerlei Affinität hatte, wird mit „Tomodachi Life“ nicht unbedingt sein Glück finden. Allen anderen kann man nur die Tüte Popcorn rüberreichen – zugucken und staunen!

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