Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich finde das älter werden zum kotzen. Neben zunehmendem Verschrumpeln, morschen Gelenken und plötzlichem Haarwuchs an ungewöhnlichen Stellen gehört da leider auch eine zunehmende, erfahrungsbedingte Unfähigkeit zu spontaner Begeisterung. Man hat einfach schon zu viel erlebt, als das einen noch irgendwas so richtig vom Hocker haut, weil es ja unterm Strich doch immer das Gleiche ist. So auch bei Conjuring 2. Ich glaube, wäre dies der erste Horrorfilm gewesen, den ich in meinem Leben gesehen hätte, wäre ich völlig hin und weg wie unfassbar gruselig der doch war, aber blöderweise gab’s da in den letzten 30 Jahren doch etwa 100 Filme die mir schon genau dasselbe unter die Nase gerieben haben.

Eigentlich ist der Streifen ja schon im Titel eine Mogelpackung, da die „2“ eine Fortsetzung impliziert, wobei es sich hier strenggenommen um Conjuring 0.5 oder in Neudeutsch, ein Prequel, handelt. So spielt die Handlung chronologisch zwar nach Annabelle, jedoch vor dem Erstling. Wir begleiten wieder das Ehepaar Warren (Patrick Wilson und Vera Farmiga), welches nach einer kräftezehrenden Séance eigentlich beschlossen hatte, die Geisteraustreiberei an den Nagel zu hängen. Blöderweise wird die Frührente allerdings jäh gestört, als die Nachricht eines englischen Amityvilles über den großen Teich schwappt. Im beschaulichen Enfield der 70er Jahre leidet die Familie Hodgson nämlich anscheinend unter einem ungebetenen Hausgast aus der Zwischenwelt, welcher zunehmend vehement sein ehemaliges Heim zurückfordert. Nach kurzem Hadern beschließt man also den Ruhestand nach hinten zu verschieben und dem grantigen Spukzausel zu zeigen, wo die Tür ist.

An sich kann man Conjuring 2 nicht wirklich viel ankreiden. Die Atmosphäre ist dicht, die Geister wirklich verdammt fies und wirklich alle Akteure (ja, sogar die Kinder) spielen überzeugend. Vor allem Patrick Wilson hat bei mir, seit seiner Rolle als Nite Owl in Watchmen, einen dicken Stein im Brett, aber auch das restliche Cast fällt keinesfalls ab. Das größte Problem findet sich hier eher im Fluch der späten Geburt. Bisweilen, wenn meine Gedanken etwas am Abschweifen waren, gab es Momente in denen ich mir sicher war, diesen Film genauso schon mehrmals gesehen zu haben und ich mir bewusstmachen musste, dass der offizielle Kinostart ja noch 3 Tage hin und dass hier alles taufrisch ist. Man bedient sich hier fast schon dreist freimütig an Klassikern wie Poltergeist und Der Exorzist, aber grade dieses offensichtliche Kopieren lässt einen weniger erschaudern, als dauernd den Eindruck einer Wiederholung zu wecken. Allerdings macht Regisseur James Wan keinen Hehl daraus sich offenkundig an der Gruselkiste der Filmgeschichte zu bedienen, sondern geht offensiv in die Vollen. Gerade nach dem etwas zu langen Einführungsdrittel zieht man das Tempo doch angenehm an, statt sich ewig weiter durchs Dunkel zum nächsten Schockeffekt zu schleichen, was zwar in geringerem Maße unheimlich, aber deutlich unterhaltsamer ist, da so mehr Raum für die eigentliche Story bleibt.

Fazit

Conjuring 2 macht alles richtig, doch nur wenig neu. Angst und Schrecken wie aus dem Lehrbuch. Wer den ersten Teil mochte und auch Annabelle etwas abgewinnen konnte, wird hier bestens bedient, vor allem da man derzeit wenig Horrorkonkurrenz neben sich hat. Allerdings bleibt zu hoffen, dass man sich nicht entschließt, das Franchise tot zu melken. Auch wenn sich der Zweier noch ausgelaugt durchs Ziel schleppt, wäre man besser bedient, sich in Zukunft nach neuen Ufern umzusehen. Dann schafft man es vielleicht auch, durch frische Ideen mal wieder alte Hasen das Fürchten zu lehren.

(Vielen Dank an Nicky Ramone für diese Filmkritik)

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Hush (Still)

12. Juli 2016 2
1 Comment
  • Zimmy 8 Jahren ago

    Das Fazit bestätigt meine ersten Gedanken zum Trailer, Danke für den Beitrag- ich gehe bald bedenkenlos in Teil 2 und freu mich drauf!

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