18. Juni 2015

Jurassic World

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Erinnert ihr euch noch an eure Lieblingssüßigkeit als Kind? Dieses eine Ding, dass besser war, als alle anderen und für das ihr in der großen Pause am Schulkiosk eure letzten 50 Pfennig rausgeballert habt?! Irgendwann war man aber aus dem Alter raus und hat seit Jahren nicht mehr daran gedacht, bis man zufällig im Laden steht und einem genau dieses Stück Großartigkeit von damals ins Auge fällt und man einfach wissen muss, ob es einem immer noch dasselbe Gefühl gibt. Aber irgendwas ist anders; man fragt sich, ob es dieser Zuckerklumpen ist, der sich über die ganze Zeit geändert hat (eventuell hat ja wer die Zutaten geändert oder irgendein Geschmacksverstärker hat sich mal wieder als krebserregend erwiesen), oder, und das ist die frustrierendere Möglichkeit, ob man inzwischen bloss zu alt ist und sich vielleicht nicht mehr über solche Kleinigkeiten freuen kann.

Ähnlich wie mit dieser Süßigkeit, verhält es sich mit dem Jurassic Park Franchise. Als der erste Teil 1993 raus kam war es das große Ding, das man gesehen haben musste und trat eine bis dahin fast beispiellose Begeisterungs- und Merchandisewelle los, die Mütter überall auf der Welt dazu zwang, mit ihrem Nachwuchs einen großen Umweg um die örtlichen Spielwarengeschäfte zu machen. Selbst ein deutlich schwächerer Zweitling konnte diesen Trend nur unwesentlich stoppen und von sonnenbebrillten Plastik Jeff Goldblums bis zu dinobedruckten Unterhosen ging alles weg, was sich auch nur irgendwie mit dem ikonischen Logo versehen ließ… Und dann kam Teil 3, der mit einer kaum vorhandenen Story, rumpeligen Comedyeinlagen und smalltalkenden Raptoren die Reihe für 14 Jahre begraben hat.

2015: Etwas hat überlebt (ja ja sorry,  der musste sein, aber immer noch besser als das hundertste „What year is it?“- Meme zu dem Thema). Mittlerweile hat anscheinend selbst Hollywood, Gott sei’s gedankt, endlich genug von seelenlosen Remakes beliebter Klassiker und setzt neuerdings auf das Fortsetzen von inzwischen etwas angestaubten Reihen. Nachdem zuletzt Mad Max nach einer Frischzellenkur mit einem überzeugenden Vierer glänzen durfte und am Herbsthorizont Star Wars seinen langen Schatten wirft, soll uns nun also Jurassic World über das Sommerloch helfen.

Die Story vom Reissbrett dürfte dabei niemanden vom Hocker hauen. Neuer Park, neue Dinos, Menschen immer noch doof wie ne Scheibe Toast und deshalb muss es zum unvermeidlichen Riesenechsenrampage kommen. Aber mal ehrlich, wegen ausgearbeiteten, tiefgründigen Geschichten hat man sich noch nie einen der Filme angesehen. Im Mittelpunkt der Handlung stehen diesmal Owen Grady (Chris Pratt) als dauerschwitzendes Coke-Light Model und manchmal auch Dinosaurier-Trainer, sowie seine Vorgesetzte und Teilzeitliebschaft Claire Dearing (Bryce Dallas Howard), die an genau diesem schicksalhaften Wochenende ihre Neffen Zach (Nick Robinson) und Gray (Ty Simpkins) als Parkbesucher begrüsst. Klar gibt es noch die üblichen Randfiguren, wie den gierigen Geschäftstyp Vic Hoskins (Vincent D’Onofrio) und sogar Chefkloner Dr. Henry Wu (Bradley Darryl Wong) darf als einziges Gesicht von früher nochmal kurz mitmischen.

Natürlich nimmt das Chaos schnell seinen Lauf, als ein künstlich erschaffener Übersaurier beweist, dass er klüger ist als alles, was sich in diesem Park Wissenschaftler schimpft und auf Isla Nublar, derselben Insel wie 1993, bricht wieder die Hölle los.

Man könnte jetzt motzen, dass der Film in seinen besten Momenten bloß das Original zitiert. Man sieht die zurückgelassenen Jeeps von damals, die heruntergekommene Eingangshalle des alten Parks und den Starkstromzaun, der Tim geschockt hat, aber bei all dem Wiedergekäuten konnte ich mich trotzdem einer leichten Gänsehaut nicht erwehren, die gleich zu Beginn ihren Höhepunkt erreichte, als John Williams bekanntes Titeltheme zu hören war und ich mich sofort fühlte wie Alan Grant, als er seinerzeit zum ersten Mal einem Brachiosaurus gegenüber stand. Cleverer Schachzug. Ziemlich positiv ist auch, dass die eigentlichen Stars, die Saurier, meist angenehm bedrohlich rüberkommen und alles andere als zimperlich vorgehen. Ein Rätsel Bleibt mir allerdings, weshalb man in jedem Teil Kinder in zentralen Rollen für nötig hält. Zach wirkt mit seinen Beats by Dre von Beginn an unsympathisch und Gray nervt mit seiner besserwisserischen Art auch ziemlich schnell. Immerhin agieren die beiden selbstständig und wirken damit nicht komplett wie ein Klotz am Bein.

Zur Technik sei gesagt, dass die selbstverständlich heute nicht denselben Eindruck hinterlässt, wie vor 2 Dekaden und ja, man sieht das sämtliche Dinosaurier aus dem Computer kommen, wenn man es sehen will. Man kanns aber auch sein lassen, sich über diesen Punkt endlos zu echauffieren und sich an 120 Minuten Krach-Bumm mit seinen Lieblingsurviechern erfreuen. Wer übrigens über den Besuch eines 3D-Kinos nachdenkt, sollte noch wissen, dass dieses Feature höchstens zweckdienlich eingesetzt wurde. Ob einem das den Aufpreis tatsächlich wert ist, muss jeder selbst entscheiden.

Fazit

Wer was auszusetzen finden will, findet garantiert genug, aber wer einfach mal sein inneres Kind bedienen mag, bekommt ordentliches Popcornkino. Man sollte nur nicht erwarten, dass einem alles noch genauso gut schmeckt wie vor 20 Jahren.

(Vielen Dank an Rina Synthetic und Nicky Ramone)

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Cartel Land

14. September 2015 0
1 Comment
  • Hansi 9 Jahren ago

    An für sich eine gut geschriebene Kritik, die ich auch so sehe, ich hätte mir nur noch im Fazit ein paar persönliche Worte gewünscht 😉

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