Passend zu der Anmerkung in Meisterdetektiv Pikachu, dass das mächtigste aller Pokémon Mewtu 20 Jahre nicht gesichtet worden sei, veröffentlicht polyband in Deutschland den allerersten Pokémon-Kinofilm von 1998, in dem Ash und Pikachu auf eben jene legendäre Kreatur treffen.
Inhalt
Auf der Suche nach dem mächtigsten Pokémon aller Zeiten klonen Wissenschaftler aus der DNA des legendären Urzeit-Pokémon Mew ihre eigene, verbesserte Schöpfung: Mewtu. Die intelligente Kreatur fällt allerdings, kaum, dass sie Bewusstsein erlangt, in eine schwere Identitätskrise und will nicht einsehen, dass ihre einzige Daseinsberechtigung Experimente sein sollen. Sich seiner Macht bewusst werdend zerstört Mewtu die Forschungseinrichtung und als er dann auch noch von Team Rocket-Gangsterboss Giovanni betrogen wird, verliert er vollkommen das Vertrauen in die Menschheit. Er lockt eine erlesene Auswahl talentierter Trainer, zu denen natürlich auch Ash und Co. gehören, auf seine Insel und will vor ihren Augen seine Welteroberungspläne in die Tat umsetzen…
Bei uns wurde der Film im April 2000 erstmals im Kino ausgestrahlt und als 10-jähriger Bub und Pokémon-Fanatiker war ich ganz vorne in erster Reihe mit dabei, um ihn mir anzusehen. Ich erinnere mich noch gut an die holografische Mew-Sammelkarte im alt-ägyptischen Stil, die es zum Kino-Ticket dazu gab und an die großen Augen, mit denen ich den Saal wieder verließ und die eine gefühlte Woche nicht mehr schrumpfen wollten. Sicherlich wird es sich nicht vermeiden lassen diese geliebte Nostalgie ein wenig in meine Wertung mit einfließen zu lassen, aber tatsächlich macht der Auftakt der inzwischen 22 Kinofilm starken Reihe sehr viel richtig und teils sehr viel besser als die neueren Ableger. Ohnehin waren die ersten drei Filme, die es auch bei uns noch auf die Leindwand schafften, absolut epische Abenteuer und die Erfüllung sämtlicher Fan-Träume. Der erste hebt sich natürlich, gerade im zeitlichen Rahmen der Erstveröffentlichung betrachtet, noch einmal mehr von der Masse ab. Es war das erste Mal im Universum des Pokémon-Anime, das ein Ereignis mit derart globalen und ernstzunehmenden Ausmaßen stattfand, auf das die Serie ohnehin bereits hingearbeitet hatte. Der Film zeigt im Rückblick einige Sequenzen, die an die Serie angelehnt sind – so sieht man beispielsweise Gary Eichs Arenakampf gegen Giovanni oder eben auch das gen Himmel fliegende Mewtu, mit dem das originale Intro damals begann („Ich will der allerbeste sein…“, ihr wisst schon).
Davon ganz abgesehen war ich aber auch überaus begeistert, dass der Film so kurzweilig gestaltet wurde – ohne Umschweife geht direkt die Action los, niemand verschwendet Zeit, beinahe augenblicklich setzt der Ernst der Lage ein. Mewtus Monologe hätten etwas eloquenter geschrieben sein können, das Grundgerüst des Films gefällt mir aber sehr gut und im Gegensatz zu vielen neueren Filmen hält er sogar eine wichtige Moral bereit, die heute vielleicht noch relevanter geworden ist als sie damals war – denn wie Mauzi schon anmerkt: „Wenn wir uns doch nur mehr auf das konzentrieren würden, das bei uns gleich ist als auf das was anders ist.“
Look
Der Film hat die markante Optik eines Anime aus den 80er- oder 90er-Jahren mit etwas blassen Farben, zumindest wenn man die digital erstellten neueren Werke in Relation setzt. Nichts desto trotz sind die Animationen durchweg auf kinoreifem Niveau mit jeder Menge ikonischer Szenen und actiongeladenen Sequenzen mit Explosionen, Kämpfen und dem ganzen Programm. Schlecht gealtert ist der Streifen sicherlich nicht.
Fazit
Ich war ein bisschen schockiert, dass in einem Pokémon-Film so grobe Patzer durchgegangen sind, wie dass ein Trainer sein Tauboss streichelt und es als Tauboga bezeichnet oder dass die Silhouette eines Sichlors gezeigt wird und Team Rocket sie als Simsala identifiziert – ich meine, zu dem Zeitpunkt gab es schon lediglich 151 verschiedene Pokémon im Gegensatz zu den 816 heute. Auch, dass es letztlich darauf hinausläuft, dass die Erinnerungen der Protagonisten gelöscht werden, hat im Gesamtzusammenhang der Serie vielleicht Sinn ergeben, hinterlässt aber grundsätzlich beim Zuschauer einen widerlich bitteren Beigeschmack im Sinne von „Wofür habe ich mir das jetzt überhaupt angesehen, wenn es quasi überhaupt nicht stattgefunden hat?!). Das und dass der kurze, zugehörige Vorfilm „Pikachus Ferien“ nicht auf der DVD enthalten ist, sind aber meine einzigen Kritiken. Auch unabhängig von der Nostalgie, die gerade bei mir gehörig mitschwingt, ist „Mewtu gegen Mew“ ein großartiger Anime-Film mit Inhalt, Gefühl und Action, der zweifelsohne auch heutige Pokémon-Fans packen wird, die bei Erstveröffentlichung noch ein Jucken in der Hose ihrer Erzeuger waren.