Mit guten Vorsätzen ist es ja so eine Sache. Meistens gehen sie Hand in Hand mit einem Neustart – Neujahr zum Beispiel – und eines haben sie alle gemeinsam: Meistens geht’s am Ende in die Hose. Schönstes Beispiel? „DriveClub“.

Eigentlich war das rechtzeitige Erscheinen des Titels passend zum Launch der Playstation 4 auch so ein guter Vorsatz, den einzuhalten scheinbar ein unlösbares Problem darstellte.

Das klingt jetzt sehr gehässig und – wenn ich ehrlich bin – ist es das auch. Denn das vormals als Launchtitel angedachte „DriveClub“ hat sein geplantes Releasedatum nun nicht gerade nur um wenige Tage verpasst – hier wurde dann schon im ganz großen Stil getrödelt.

 

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Der Entwickler „Evolution Studios“ (ihres Zeichens auch verantwortlich für „Motorstorm“ für die PS3) hatte somit weit mehr Zeit in Anspruch für das Fertigstellen des Spiels genommen als zunächst geplant. Einerseits ärgerlich, andererseits warte ich lieber etwas länger auf ein Spiel und halte dann ein fehlerfreies, gut durchdachtes Endprodukt in Händen als mich mit einem auf den letzten Drücker zusammengeschusterten Machwerk abzuquälen. Die Frage ist nur…wie gut haben die Entwickler ihre zusätzliche Zeit genutzt?

Zunächst einmal macht „DriveClub“ einen guten Eindruck: Ein netter Fuhrpark, den es sich nach und nach freizuspielen gilt und Rennstrecken, die an verschiedenen malerischen Fleckchen Erde angesiedelt sind, laden durchaus zu einer Vergnügungsfahrt ein. Eine offene Spielwelt bietet „DriveClub“ uns nicht – so viel war bekannt – doch das muss gerade für ein Rennspiel meines Erachtens absolut kein Manko sein. Ich will schließlich Rennen fahren und nicht irgendwo durch die Hood cruisen – wenn ich das will, lege ich dann doch lieber „GTA“ ein.

 

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So weit, so gut. Wir brausen also durch Chile, Schottland, Norwegen, Kanada und Indien auf diversen in diesen Gegenden vorhandenen Strecken. Die Auswahl der Länder ist nicht zu bemängeln und optisch hat „DriveClub“ sich in Sachen Streckengestaltung nichts vorzuwerfen. Mal brettern wir verschneite Bergstraßen hinab, mal düsen wir raue schottische Küstenstraßen entlang – alles mit wunderschönen Lichteffekten und…Moment. Ja, die Lichteffekte sind schön gemacht, doch der (zum Glück aber veränderbare!) Tag-und-Nacht-Wechsel macht uns schnell einen Strich durch die Rechnung:

Oh, guck mal, wie sch….oh, schon wieder dunkel. Guck mal der Berg da h… aah, schon wieder Nacht. Ja, sicher: Ein Einbinden der Tageszeiten ist nicht verkehrt, aber wenn es dunkel wird, dann ist es direkt so dunkel, dass man kaum noch das nächste Straßenschild sieht. Die Scheinwerfer unserer hochpreisigen Sportkarossen sind in etwa so effektiv, als hätte trüge man ein Teelicht vor sich her.

 

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Ärgerlich, zumal schon ein leichtes Touchieren der natürlichen Randbegrenzungen uns deftig ausbremsen kann. Wenn die Umgebung auch schön sein mag – alles im Spiel vermittelt uns ein „Do-not-touch-Feeling“: Es gibt kein Ausbrechen aus den vorgegebenen Strecken, kein versehentliches Fahren ins Unterholz und neben der Straße scheint eine unsichtbare Mauer zu verlaufen. Man mag jetzt lachen, aber ich bin aufgrund etwas unsauberer Kurvenführung tatsächlich das ein oder andere Mal an einem Grasbüschel zerschellt, denn statt dieses einfach – naturgetreu – umzubügeln verhält sich im Spiel selbst der kleinste Grashalm eher wie eine massive Eiche. Auch wenn ich nicht verlange, dass man auf einmal abbiegen und eine komplette Offroad-Tour fahren kann, so wäre es doch schön, der bespielbare Raum würde nicht exakt an der Seitenlinie der Straße enden.

 

 „Do-not-touch-Feeling“: Tu‘ dies nicht- tu‘ das nicht!

 

Ganz prinzipiell wartet das Spielprinzip nicht mit großen Überraschungen auf: Wir können uns entweder dem singulären Vergnügen der Einzelveranstaltungen hingeben oder aber die Tour starten, in der wir mit verschiedenen Herausforderungen wie etwa gewöhnlichen Rennen, Zeitrennen oder Drift-Challenges konfrontiert werden. Hier gilt es, Punkte beziehungsweise Sterne zu sammeln, indem ihr innerhalb der Wettbewerbe gewisse Ziele – etwa eine bestimmte Zeit zu unterbieten, unter die ersten Drei zu kommen oder ähnliches – erreicht. Nachdem ihr genügend Sterne eingesackt habt, könnt ihr euch an der nächsten Stufe der Tour versuchen.

Die Menüführung bleibt dabei eher spartanisch und bietet uns gerade in der Tour kaum Informationen über das, was wir da zur Auswahl haben: Es gibt beispielsweise keine Miniaturansicht der Strecke, die etwa etwas über die Kurvenlastigkeit aussagt, sodass auch die Wahl unseres fahrbaren Untersatzes immer ein bisschen Glücksspiel bleibt. Gekonnt wählen wir da für eine kurvige Bergstrecke den übernervösen Rennschlitten, der zwar ordentlich was unter der Haube hat, in Serpentinen aber mit schöner Regelmäßigkeit die Haftung verliert. Toll, hätten wir das mal vorher ahnen können!

Während sich die Autos im Allgemeinen aber ganz angenehm fahren, ist das Punktesystem mir ein weiterer Dorn im Auge. Belohnt werden wir hier nur für exaktes, sauberes Fahren. Das ist ohne Frage natürlich auch erstrebenswert, aber leider nicht immer möglich: Kollisionen mit anderen Fahrzeugen zum Beispiel bringen uns ein ordentlichen Punktabzug ein, doch leider bekommen wir diesen auch, wenn wir an dem Crash gar nicht mitgewirkt haben – es reicht schon, wenn euch einer der COM-Gegner hinten reinfährt.

 

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Auch das Berühren der unsichtbaren Randbegrenzungen kostet euch spontan eine unverhältnismäßig wirkende Anzahl von Punkten, so dass eine gewagt gefahrene Runde schnell zur Nullnummer wird. Ähnlich hart abgestraft wird das Verlassen der Strecke: An einigen wenigen Stellen besteht nämlich tatsächlich die Möglichkeit, ins Kiesbett abzudriften – begebt ihr euch dann aber nicht innerhalb von knapp bemessenen drei Sekunden mit allen vier Rädern zurück auf die Strecke, werdet ihr mit nervenaufreibender Langsamkeit wieder zurückgesetzt.

Was im weitesten Sinne als Hilfe zu begreifen sein dürfte, kostet euch faktisch aber so viel Zeit, dass ihr euch den Sieg ab diesem Punkt im Grunde genommen auch gleich ganz abschminken könnt. Ähnlich hinderlich ist die „Straffunktion“: Kürzt ihr Kurven ab oder begeht ähnliche Verstöße gegen die gute Fahrmanier, werdet ihr kurzerhand für einige Sekunden ausgebremst und tuckert untertourig weiter. Unwillkürlich erkennen wir Parallelen zur „Stillen Treppe“ bei der Super Nanny – umgesetzt hier für den Rennsport..

 

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Ärgerlich ist das. Genauso ärgerlich ist der allgegenwärtige Gummiband-Effekt, denn jeder noch so kleine Fahrfehler wird rigoros abgestraft indem das komplette Feld euch mal eben überholt. Wieder zum Rest der Teilnehmer aufzuschließen, stellt allein schon eine Schwierigkeit dar, doch selbst wenn euch dies gelingt, ist noch nicht gesagt, dass ihr euch wieder an die Spitze setzen könnt – die COM-Gegner fahren größtenteils wie auf Schienen vor euch her und blockieren dabei nicht selten die teils sehr enge Fahrbahn. Sicher, man könnte sie von der Strecke drängen, aber…uuuh, fieser Punktabzug. Man könnte natürlich die Kurve schneiden und innen überholen, aber…mmh, dafür werden wir sofort ausgebremst. Was bleibt uns also? Nun, letztendlich ist die einzige Lösung, sich schon zu Beginn des Rennens an die Spitze des Felds zu setzen und das ganze Rennen fehlerfrei zu fahren. Einziger Haken an der Sache? Möglich ist das nur in den seltensten Fällen.

 

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Bei aller Geduld – wenn zum x-ten Mal kurz vor dem Ziel alle an euch vorbeirauschen, weil ein simpler Grashalm euch in voller Fahrt ausgebremst hat, dann kann man schon mal das Gamepad durch den Raum pfeffern.

Wenig zuträglich ist da die absolut enervierende musikalische Untermalung des Spiels, die sich gefühlt anhört wie ein einziger GEMA-freier Klangbrei.

Nun gut, neben dem frustgefährlichen Einzelspielermodus gibt es ja aber noch den Club-Modus. Hier dürfen wir eigene Teams gründen, in denen wir mit je 4 Freunden zusammen online gemeinsam Wettbewerbe bestreiten oder sogar eigene Events erstellen und uns mit den anderen Sofa-Rennprofis messen können.

Klingt ziemlich gut, oder? Sicherlich – doch leider nur in der Theorie. Denn seit Release stehen die Server nicht oder zumindest nicht kontinuierlich zur Verfügung und an ein spaßiges Online-Erlebnis ist momentan noch nicht zu denken. Wir rufen uns kurz in Erinnerung: Nach ewiger Wartezeit bekommen wir hier ein Spiel serviert, das naturgemäß ein Hauptaugenmerk auf das Online-Spiel legen will und dann funktionieren die Server nicht. Das ist gelinde gesagt wohl als Bauchlandung zu betrachten.

 

 

FAZIT

„DriveClub“ ist nicht das schlechteste Rennspiel seit Menschengedenken. Das Gameplay ist als durchschnittlich zu bewerten, wenn auch das starre und dezent überzogene Strafsystem schnell den Frust schüren. Weder Menüführung noch Soundtrack können uns in seiner Machart vom Hocker reißen, doch immerhin die Optik ist als überdurchschnittlich zu bewerten. Nichts desto trotz – wägen wir die wenigen Pro- mit den vielen Kontrapunkten ab und addieren dazu die nicht funktionale Online-Funktion, steht in der Bilanz letztlich ein fettes Minus. „DriveClub“ macht kurzfristig Laune, doch es mangelt dem Spiel deutlich an Substanz. Ein typischer Launchtitel also, der jetzt – so spät nach dem Erscheinen der PS4 – die Katze nun wirklich nicht mehr hinter dem Ofen hervorlocken kann.

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Bayonetta 2

2. November 2014 0
1 Comment
  • Hansi 9 Jahren ago

    In der Endnote noch viel zu gut bewertet! Ansonsten guter Test. Gebe in allen Punkten recht.

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