Manchmal braucht es nicht viel Horror- oder Schockmomente, die uns als Spieler Angst einjagen. Manchmal reicht es vollkommen aus, sich in den persönlichen Horror eines Menschen zu versetzen. The Town of Light erzählt so eine Geschichte. Wir erleben die tragische Geschichte der damals 16-jahrigen Renée, die als Erwachsene noch immer an den Symptomen ihrer psychischen Erkrankung leidet und auf der Suche nach Antworten Jahre später an den Ort zurück kehrt, an dem sie den Großteil ihrer Kindheit und Jugend verbracht hat.

The Town of Light ist ein Psychothriller aus der Ego-Perspektive, der in einer ehemaligen Nervenheilanstalt von Volterra (Italien), spielt. In den 1970er Jahren wurden sämtliche dieser Institutionen von der italienischen Regierung geschlossen, und allen Patienten wurden ihre Grundrechte rückübertragen. Die Geschichte selbst ist fiktiv, jedoch kreiert der Entwickler durch Dokumente und Briefe ein Gefühl der Realität. Wir erkunden die stillgelegte Anstalt und bekommen einen verstörenden und zugleich interessanten Einblick in die menschliche Seele.

Oberflächlich betrachtet ist The Town of Light ein einfaches Spiel, welches als Hauptaugenmerk dem Spieler eine Geschichte erzählen will. Im Stil von Gone Home ist das wichtigste Gameplayelement das Erkunden der italienischen Nervenheilanstalt. Es sind uns förmlich keine Grenzen gesetzt und die Anstalt und das Gelände sind frei erkundbar. Immer wieder finden wir Briefe, Dokumente oder Gegenstände, die in Renée eine Erinnerung auslösen. Als Spieler wird man motiviert das Puzzle mit den Erinnerungsfetzen als eine Geschichte der Vergangenheit zusammenzusetzen.

Hauptsächlich führen uns gefundene Hinweise zu dem nächsten Punkt, den wir erkunden sollen. Ab und an fehlt uns jedoch der Kontext, sodass wir das integrierte Hilfesystem in Anspruch nehmen müssen, welches uns gute Hinweise gibt, was wir als nächstes tun oder wo wir hingehen sollen. Keine Angst, das Spiel nimmt uns nicht dauerhaft ans Händchen, sondern bietet uns Hilfe an, wenn wir sie benötigen.

The Town of Light_20170607182346Es gibt nicht viele Gameplaymechaniken, die The Town of Light neben dem gewohnten Walking-Simulator typischen bietet. Etwas aufnehmen, wegdrücken und schieben, sowie kleinere Rätsel sind die Standartzutat. Versteht mich nicht falsch, ich spiele Simulationen sehr gerne, wenn sie eine gute Geschichte zu erzählen haben. Manchmal hält aber nicht nur eine interessant erzählte Geschichte den Spieler bei der Stange. Wenn wir zum Beispiel mit Renée ein Dokument finden und prüfen, bekommen wir über ein Multiple-Choice-System die Möglichkeit mit Renée und Ihren verschiedenen Persönlichkeiten zu sprechen. Meines Erachtens ist dies dem Entwickler gut gelungen, mit den verschiedenen Auswahlmöglichkeiten den weiteren Verlauf der Geschichte zu beeinflussen. Jedoch ist mir als Spieler nicht klar, welche Auswirkungen meine Auswahl auf das Spiel hat. Ich bin mir jedoch sicher, dass alle Antworten zu dem gleichen Ende und Ergebnis führen.

PWRimage3

Renées Geschichte ist als Spieler an manchen Stellen schwer zu verdauen, wahrscheinlich hat The Town of Light deshalb am Anfang einen Disclaimer, der auf eine verstörende Thematik hinweist. Der Horror, die Angst und Panik findet beim Spielen und Erkunden der Anstalt nur in unserem Kopf statt. Diverse Cutscenes sind recht künstlerisch gezeichnet und ziemlich böse und dunkel gestaltet. Sprich, es ist kein Spiel für Leute, die zu Weichherzigkeit neigen. Ich selbst habe mich beim Spielen vor Dingen erschreckt, die einfach nur da sitzen oder stehen und einem eigentlich gar nichts tun. Aber hey, gruselige Puppen und Gegenstände, medizinische Geräte und eine immer tiefergehende und schlimme Traumageschichte inmitten einer stillgelegten und in die Jahre gekommenen Nervenheilanstalt: Wer bekommt da nicht ab und an Nervenflattern?

The Town of Light_20170607181813Trotzdem ist die Geschichte als Spieler manchmal etwas schwer zu verstehen. Worum geht es genau? Wohin führt mich das? Was ist passiert? Man fühlt sich des Öfteren etwas verwirrt und Sucht den Faden. Absicht und vom Entwickler so gewollt? Ich weiß nicht ob das an Renées Krankheit liegt, an manch komischer Übersetzung oder ob man zwischenzeitlich doch etwas ziellos umher wandert. Manchmal macht es einem das Spiel schwer, komplett in ihm einzutauchen. Grafisch ist das Spiel zwar recht schön in Szene gesetzt, wie die ganzen Screenshots zeigen. Die Nervenheilanstalt von Volterra ist von den Grundmauer und Gebäude ziemlich realistisch dargestellt und transportiert ein astreines Gefühl, wie es dort jetzt wohl aussehen mag. Leider überschattet eine große, dunkle Wolke die Stadt des Lichts. Ich hatte bei dem Test auf der PS4 richtig viele Grafik- und Tonprobleme, Abstürze und Bugs. Ich musste ziemlich oft ein Kapitel wiederholen und von vorne spielen, da der Fortschritt nur zwischen den Kapiteln gespeichert wird und man das nicht manuell speichern kann. Ein Beispiel meiner Bugs seht Ihr in dem Video unten. Wie eben bereits erwähnt, gestalteten sich die Tonprobleme so, dass ich im Hauptmenü irgendein komisches Geschrei hatte. Beim Laufen hörten sich meine Schritte so an, als sei ich ein 20 Tonnen schwerer Transformer, nachdem ich die Grafik dunkler oder heller stellen wollte fing meine Figur an sich so zu drehen, als sei ich vom Exorzisten besessen… Wie dem auch sei- ich frage mich wie solche Fehler, auch wenn es ein Indiespiel ist, einfach durchgewunken werden konnten?

The Town of Light_20170609234301Trotzdem ist die Darstellung wohl das Fasziniernendste an The Town of Light. Visuell gibt es viel zu sehen und die Dokumente, die man findet sind sehr realistisch dargestellt. Bei den Fotos handelt es sich mitunter um Originaldokumente. Auch Renées Halluzinationen und Nervenkrankheit gehen an manchen Stellen optisch in uns über. Da gibt es zum Beispiel niemals endende Gänge und Türen die plötzlich aufgehen oder zuschlagen.

Fazit

The Town of Light ist ein Spiel mit einer ziemlich interessanten Thematik und einer tiefen, verstörenden und zugleich spannenden Geschichte. Ich habe versucht, das Spiel komplett an mich ranzulassen, leider überwiegten die Negativpunkte beim Spielen so sehr, dass ich es nicht genießen konnte. Das funktionierende Gameplay eines Spiels ist das A und O. Eine schlechte Geschichte lässt sich gerne mal unter den Teppich kehren, wenn das Spiel spielerisch astrein ist und Spaß macht. Als Spieler bleibt einem nur als einzige Verbindung zu einem Spiel das Eingabegerät- wenn die Steuerung jedoch so schlecht und voller Fehler umgesetzt ist, dass ein Spiel unspielbar wird, transportiert ein Spiel nichts, außer schlechte Laune. Die technischen Schwächen sowie Bildratenprobleme sind nicht zu übersehen. Während meines Spielens sehnte ich mich nach mehr Möglichkeiten, mit der Welt zu interagieren. Vielleicht mehr Gegenstände oder Papierkram, um einen kurzen Kommentar von Renée über ihre Umgebung zu finden. Es gibt aber in der Welt nicht viel zu entdecken, außer handlungsrelevanten Gegenständen oder ein paar zufällige Objekte, die man sich ansehen kann. Der Interaktionscursor könnte einen größeren Radius vertragen, denn manchmal musste ich mit dem gefühlt ein Pixel großen Cursor so filigran und punktgenau auf einen Schalter oder Objekt klicken, sodass ich es verwenden konnte. Manchmal klickt man auch wild umher, da man sich nicht sicher ist, mit welchen Gegenständen man interagieren kann und mit welchen nicht.  Was mich richtig ärgert, ist der Fakt, dass eine hochinteressante und dramatische Geschichte damit unter geht und nur ein schaler Beigeschmack zurück bleibt. Renées Geschichte ist zwar eine fiktive Geschichte, jedoch gibt es zu Hauf eine Dunkelziffer von Opfern von tatsächlichen Ereignissen und Praktiken, die in sogenannten Heilanstalten, gerade zur NS Zeit verübt worden sind. The Town of Light stellt zwar keine Abrechnung dar, macht aber auf die Tatsache aufmerksam, dass überall grundlegende Menschenrechte verletzt worden sind und die Geschichten mehr Aufmerksamkeit bekommen sollten. Selbst YouTube ist voll mit Dokus, falls einen das interessiert.

Ich würde The Town of Light somit nur geschichtlich und thematisch Interessierten Leuten empfehlen. Das Gameplay ist leider eine absolute Katastrophe und bringt den Standartspieler schnell zur Deinstallation. Leute die mit Walking-Simulatoren so oder so nichts am Hut haben, wird The Town of Light kalt lassen. Wenn Ihr auf der Suche auf Jumpscare-Action seid, dann seid Ihr hier falsch- wollt Ihr aber Euren Geist öffnen und eine Lernerfahrung mitnehmen, schaut es Euch mal an. Kurzum: Hier wurde viel Potenzial verschenkt. Gute Geschichte- Umsetzung jedoch ein Desaster. Wollt Ihr ein technisch besseres und weniger Frustrierendes Spiel mit guten Geschichtlichen Erzählungen spielen? Dann schaut Euch lieber KONA, The Vanishing of Ethan Carter, oder Everybody’s Gone to the Rapture näher an. Ihr wollt auf The Town of Light nicht verzichten? Holt es Euch lieber einmal im Angebot.

Next Post

WipEout Omega Collection

12. Juni 2017 3
3 Comments
  • Lisa 7 Jahren ago

    Auf der einen Seite geschichtlich echt gut, auf der anderen wiederum technische Probleme, die das Spielen madig machen.

  • Muckelchen 7 Jahren ago

    Hatte mir beim PC-Release damals ein Let´s Play angesehen, was mich damals komischerweise am meisten gestört hat, war die Synchronisation. Technisch ist das einfach verkackt. Selbst geholt habe ich es nicht, weil mir das Labyrinth am Ende einfach zu doof wurde.

  • Anonymous 7 Jahren ago

    Langweiliges Spiel, reiner Laufsimulator mit bekackter und langsamer Steuerung. Alleine das Umsehen hat Jahre gedauuuuuuuuuuuuuuuert. Auserdem viel zu teuer!

Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert