2. Januar 2020

Control

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Control ist ein Third-Person-Shooter mit einer Extra-Portion Mystery und Übernatürlichem. Damit reiht sich das Spiel des finnischen Entwicklerteams Remedy wunderbar in vorherige Werke wie Alan Wake und Quantum Break ein. Mit weniger linearer Handlung und Metroidvania-Elementen wollen die Entwickler ihr bewährtes Erfolgskonzept noch einen Schritt weiter treiben. Ob das gelungen ist? Ich habe es für euch auf der Xbox One getestet.

Story

Wir schlüpfen in die Rolle von Jesse Faden, einer rothaarigen Powerfrau mit übernatürlichen Fähigkeiten. Auf der Suche nach unserem jüngeren Bruder Dylan begeben wir uns in das Älteste Haus – dem Hauptsitz des Federal Bureau of Control (FBC) in New York. Das FBC beschäftigt sich mit anderen Dimensionen und übernatürlichen Kräften. Und es hat irgendetwas mit Dylans Verschwinden zu tun. Doch in dem Gebäude angekommen, scheint alles wie ausgestorben. Lediglich ein schräger Hausmeister begegnet uns. Doch dabei soll es nicht bleiben: An der Decke schweben scheinbar leblose Körper der Angestellten und es ist ein unheimliches Gemurmel zu hören. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.

Als wir eine Gruppe des FBC ausfindig machen, bekommen wir eine erste Ahnung von den Dingen, die hier passiert sein müssen: Das sogenannte Zischen ist durch eine andere Dimension in unsere Welt gelangt. Dabei handelt es sich um eine Art übernatürlichen Virus, der die Menschen infiziert und zu angriffslustigen Monstern werden lässt. Das FBC bittet Jesse um Hilfe, da sie die einzige zu sein scheint, die gegen das Zischen immun ist. In der Hoffnung etwas über ihren Bruder herauszufinden, willigt Jesse ein – und kämpft sich durch die verworrenen Gemäuer des Ältesten Hauses, in dem nichts so ist wie es scheint.

Was zur Hölle ist hier überhaupt los?

Diese Frage stellt man sich bei Control noch eine ganze Weile. Vollkommen unvorbereitet werden wir mitten in die Handlung geworfen. Wo die Porträts des Direktors zu sehen sind, blickt uns auf einmal das eigene Gesicht entgegen. Was soll das? Kurz darauf haben wir die Antwort, als wie den Direktor finden: tot, erschossen. Die Waffe heben wir auf und werden damit mal ganz nebenbei zur neuen Direktorin des FBC. Diese Tatsache bleibt vollkommen unkommentiert und auch die Mitarbeiter des FBC scheinen das einfach so hinzunehmen. Hinzu kommt, dass Jesse andauernd mit sich selbst spricht – was soll das? Die Fragezeichen häufen sich und bleiben auch lange Zeit. Und genau diese unkonventionelle Herangehensweise ist die Stärke von Control. Die ganze Zeit wollte ich unbedingt wissen, was los ist und wie das alles zusammenhängt – das motiviert zum immer weiter Zocken.

Manche Fragen bleiben leider weitestgehend unbeantwortet. Zumindest, wenn man die eingesammelten Dokumente nicht aufmerksam liest. Das liegt daran, dass elementare Story-Elemente leider in Sammelobjekte und optionale Nebenmissionen ausgelagert wurden. Das erschwert es uns, die gesamte Story zu verstehen – außer wir unterbrechen immer wieder den Spielfluss. Hier hätte man ruhig etwas mehr Erzählung in den natürlichen Spielverlauf packen können.

Abgedrehte Räume zwischen tristen Großraumbüros

Ein Pluspunkt von Control sind die ziemlich coolen Passagen, in denen wir Räume vom Zischen säubern müssen. Das Leveldesign ist hier richtig schön verdreht gestaltet. Das Älteste Haus verändert sich und scheint ein Eigenleben zu führen. Erst wenn wir einzelne Bereiche von dem Zischen gesäubert haben, kehrt die Umgebung zu ihrem ursprünglichen Zustand zurück. Ab und zu verschlägt es uns in geheimnisvolle Parallelwelten, beispielsweise wenn wir neue Fähigkeiten oder Waffen bekommen. Hinzu kommen die vorherrschenden, seltsam verzerrten Stimmen, die mal leiser mal lauter vor sich hin murmeln. Das sorgt für eine herrlich beklemmende Stimmung. Auch die scharfe Grafik und die eindrucksvollen Zwischensequenzen sind mir positiv im Gedächtnis geblieben.

Umso ernüchternder sind die (leider) vorherrschenden Schauplätze in Control. Die meiste Zeit laufen wir durch sterile, sehr ähnlich aussehende Büro-Räume, in denen man sich schnell verirren verlaufen kann. Ziemlich schade, da das auf Dauer einfach zu eintönig und dröge wirkt, vor allem im Vergleich zu den verrückteren Abschnitten. Was die Orientierung betrifft schafft hier eine einblendbare Karte etwas Abhilfe. Nach und nach können wir außerdem die einzelnen Kontrollpunkte per Schnellreise aufsuchen.

Actiongeladene Kämpfe werten das eher einseitige Gameplay auf

In Control müssen wir häufig bestimmte Areale erreichen, etwas einsammeln, aktivieren oder Mini-Rätsel lösen. Obwohl wir die neue Direktorin des FBC sind, mutieren wir so schnell zu einer Art Laufbursche. Mit der Zeit ist das Gameplay deshalb leider zeitweise eintönig.

Die großen Highlights von Control sind aber eindeutig die actionreichen Kampfszenen. Wir besitzen sowohl eine Feuerwaffe als auch übernatürliche Fähigkeiten, mit denen wir gezielt gegen bestimmte Gegner vorgehen können. Wenn wir dann einen Gegner mit unserer Pistole ausschalten und kurz danach einen explodierenden Feuerlöscher auf einen Gegner mit Schild schleudern, sieht das schon ziemlich cool aus und lockert das Spiel deutlich auf.

Als Feuerwaffe besitzen wir eine multifunktionale Pistole. Im Laufe des Spiels kann sie sich beispielsweise in eine Schrotflinte oder eine Laserpistole verwandeln. Auch unsere übersinnlichen Kräfte entwickeln sich weiter. So können wir unseren Gegnern per Telekinese Gegenstände entgegenschleudern, sie per Psy-Schlag außer Gefecht setzen oder per Gehirnwäsche zu unseren Verbündeten machen. Dank eingesammelter Modifikationen können wir unsere Waffen zusätzlich aufrüsten. Über Standard-Aufbesserungen wie Regenerationsfähigkeit oder Nachladegeschwindigkeit gehen die Möglichkeiten leider nicht hinaus. Hier hätte man bestimmt noch kreativer sein können (vor allem was die übernatürlichen Verbesserungen angeht).

Fazit

Control zeigt sich direkt zu Beginn sehr geheimnisvoll – das hat mir sehr gefallen und meine Neugier geweckt. Was steckt hinter dem FBC? Wieso redet Jesse scheinbar andauernd mit sich selbst? Was ist mit ihrem Bruder passiert? Wieso hat sich der Direktor erschossen? Fragen über Fragen, die einen zum Weiterspielen und entdecken motivieren. Schade finde ich allerdings, dass ich quasi dazu gezwungen werde, alle möglichen Dokumente und Audiologs sorgfältig zu sichten, damit ich die Zusammenhänge verstehe. Natürlich finde ich es interessant, zusätzliche Informationen und Hintergrundwissen über Sammelobjekte zu erhalten. Das ist ja schließlich ein bewährtes Prinzip. Elementare Bestandteile der Hauptstory gehen aber zu schnell an einem vorbei, wenn man eben mal nicht die Lust hat, immer wieder das Spiel zum Lesen zu unterbrechen.

Ein weiterer kleiner Minuspunkt sind die eher steifen und emotionslosen Charaktere. Der Tod des Direktors scheint niemanden auch nur ansatzweise zu kratzen und auch sonst gibt es keinerlei Gefühlsregung, wenn wir beispielsweise unschuldige, vom Zischen befallene Menschen töten müssen. Das sorgt dafür, dass ich mich emotional nicht so richtig in das Spiel einfinden kann. Dazu trägt wohl auch die eher enttäuschende deutsche Synchronisation bei. Vieles klingt einfach sehr monoton und emotionslos. Auch durch die unpassende Lip-Sync geht etwas von dem Feeling verloren. Deshalb vielleicht besser den Originalton mit deutschen Untertiteln einstellen.

Überzeugt haben mich vor allem die actionreichen Kampfszenen mit der Kombination aus Feuerwaffe und übernatürlichen Kräften. Auch das zeitweise sehr coole Leveldesign hat sich sehr positiv vom Einheitsbrei der Büroräume im Spiel abgehoben und gibt Control eine ganz spezielle Note. Das dauernde Gemurmel der verzerrten Stimmen hat mir außerdem eine richtige Gänsehaut versetzt. Auch wenn es bei Control an der ein oder anderen Stelle an Abwechslung mangelt, haben mich das Grundprinzip, die Story und die Umsetzung an sich wirklich begeistert. Daumen hoch!

Control

8

Wertung

8.0/10

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