In Spielen rumzusnipern macht einen riesen Spaß, wenn man das Snipern beherrscht. Ich liebe es, aber gebe mir beispielsweise in einem Call of Duty oder Battlefield ein Scharfschützengewehr und unser Team wird verlieren. Ich hatte nie wirklich die Geduld und die Fähigkeit mich auf die kleinste Bewegung auf einem Screen zu konzentrieren und dann auch noch das Ziel zu treffen. Sniper Elite ist da anders- es macht aus mir einen richtigen Scharfschützen. Einen richtig guten Scharfschützen von der heldenhaften Sorte.

 

Story

Sniper Elite 4 fährt dort fort, wo der dritte Teil endete. Hey Moment, wenn Sniper Elite 3 noch zeitlich vor Sniper Elite 2 spielt, ja genau, dann spielen wir von der Geschichte her doch auch noch den Teil vor 2. Okay, klingt das zu kompliziert? Lasst mich kurz die Story von Sniper Elite 4 anreißen. Wir befinden uns im Jahre 1943 mitten im zweiten Weltkrieg auf der wunderschönen italienischen Halbinsel, samt sonnenverwöhnten Küstenstädtchen, urwüchsigen Wäldern, Bergtälern, gigantischen Nazi-Bauten und Bergklöstern in luftiger Höhe, inspiriert von der Abtei Montecassino.

Wie auch im vorangegangen Teil schlüpfen wir in die Rolle des Geheimagenten und Eliteschützen Karl Fairburne. Wir kämpfen an der Seite der tapferen Männer und Frauen des italienischen Widerstands und müssen mit der neuen Bedrohung fertig werden, die der Gegenwehr der Alliierten in Europa ein Ende setzen könnte, noch bevor sie richtig begonnen hat.

Erzählerisch wertvoll oder gar tief ist die Geschichte in Sniper Elite noch nie gewesen. Der Plot gestaltete sich immer recht funktional, der uns ausreichend plausibel macht, warum wir da durch die Hecken kriechen. Das wirklich zu bedauern käme uns allerdings nicht in den Sinn, denn in erster Linie sollte uns das Spiel, getreu dem Titel, vor allem eins bieten: Scharfschützenaction!

Gameplay

Rebellion hat sich in Sniper Elite 4 mehr Handlungsspielraum einfallen lassen. Die Areale sind offener und größer, die feindlichen Basen gut bewacht und die Gegner an vielen Orten versteckt oder auf Patrouillie. Die ganze Umgebung ist kreativer und abwechslungsreicher als im Vorgänger, wo man praktisch nur Wüstenareale sah.

Die Weite und Breite des Geländes ist Freude und Leid zugleich. Es warten insgesamt acht Missionen und Gebiete auf uns, die insgesamt je nach Spieltyp um die 20 Stunden in Anspruch nehmen. Ich finde, dass die Areale zu groß geraten sind, denn im Endeffekt müssen wir nur weiter laufen, um unsere Arbeit zu erledigen. Man kann es uns Spielern aber auch nicht recht machen: Im Vorgänger wurde bemängelt, dass die Kampagnenmissionen zu lang und die Gebiete zu klein sind und jetzt ist uns alles zu groß. Ein Mittelding aus beidem wäre wohl perfekt, da könnte der Entwickler auch zukünftig mehr auf die Community hören. Die gefeierten Trickschüsse aus langen Distanzen sind in Sniper Elite 4 kaum durchführbar und die richtig coolen Missionen sind nur per DLC oder Seasonpass erwerblich. Und sind wir doch mal ehrlich: Wem bereitet es keine Freude dem Führer in den Hoden zu schießen?

image9Scharfschießen will geübt sein, das Spielprinzip bleibt sich treu: Wir erhalten in jeder Mission den Auftrag Hauptziele zu erledigen. Hier ist Taktik gefordert, bis wir unsere Ziele erreichen. Habt Ihr Euch einen guten Aussichtspunkt gesucht, verschafft ihr Euch mittels Fernglas zunächst einen Überblick über die Szenerie. Hierbei sind nicht nur die Standorte der potentiellen Ziele von Bedeutung, sondern es gilt auch eventuelle Chancen wie etwa eine laute Maschine im feindlichen Lager wahrzunehmen, die möglicherweise den Knall Eures Schusses übertönt und auf diese Weise verhindert, dass die anderen Feinde wahrnehmen, was um sie herum gerade passiert. Durchaus lobenswerte Neuerung: An der KI wurde ordentlich gefeilt- die Gegner suchen nun gezielter nach Geräuschen und letzten auffälligen Standpunkten. Das macht das Spielgeschehen noch etwas spannender.

Der Schwierigkeitsgrad ist individuell anpassbar. Trotzdem ist mit der Gegner-KI nicht zu spaßen: Verhaltet ihr euch zu auffällig oder zu laut, ist schnell eine ganze Truppe Feinde auf der Suche nach euch- austricksen könnt ihr sie nur indem ihr euch geschmeidig wie eine Katze ums Lager herumschleicht. Geht ihr jedoch clever genug vor und gelingen euch die geplanten Abschüsse, werdet ihr natürlich auch mit entsprechenden Erfahrungspunkten belohnt. Diese ermöglichen es euch auch, zusätzliche Extras freizuschalten und eure Ausrüstung immer weiter zu verbessern.

Grafik

An der Optik von Sniper Elite 4 hätte man mehr investieren können, denn auch wenn die Explosionen und die Killcam durchaus ansehnlich sind, lässt die allgemeine Grafik des Spiels doch schwer zu wünschen übrig. Das Spiel läuft zwar stabil, trotzdem sieht vieles, gerade auf die Ferne ziemlich altbacken aus. Die kurzen geschichtlichen Zwischensequenzen reißen auch leider keinen vom Hocker. Die an für sich schön gestalteten Landschaften werden durch die pixelige, sich atypisch bewegende Botanik zerstört. Schade, denn wenn man hier eine Schippe draufgelegt hätte, hätte dies der Gesamtwertung des Spiels recht gut getan. Hoffen wir, dass an einem Sniper Elite 5 mehr Liebe zum Detail reingesteckt wird.

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Nahkämpfe und Killcams

Manchmal ist es unumgänglich einen Feind durch einen Nahkampf auszuschalten, gerade wenn mehrere Gegner sich auf einem Punkt befinden und in verschiedene Richtungen Ausschau halten. Am Besten man versteckt sich irgendwo in einem toten Winkel und lockt den Gegner mit einem Steinwurf an. Durch das Geräusch angelockt schaut dieser sich dann in der Nähe um und so bietet sich eine Möglichkeit, den Feind mittels Nahkampf frontal oder auch unbemerkt das Licht auszuknipsen. Leichen könnt Ihr dann nach Sammelgegenständen, Munition oder anderen nützlichen Gadgets durchsuchen. Damit andere Patrouillien nicht auf die Situation aufmerksam werden, dürft Ihr die eliminierten Feine auch an einen anderen Ort tragen und verstecken. An dieser Stelle ein kleiner Taktiktipp von mir: Verseht doch eine Leiche mit einer Sprengfalle, oder setzt Stolperminen sinnvoll ein, das gibt ein explosives Fest, aber passt auf, dass Ihr Euch nicht im Sprengradius befindet.

 

Die Killcams gehören mittlerweile zu einem Sniper Elite wie die Butter aufs Brot. Vielleicht doch ein moralisch leicht verwerflicher Spaß, darum auch das 18er Rating. Die Killcam ist eine wahre Freude. Ähnlich wie auch bei Mortal Kombat werdet ihr für einen gelungenen Abschuss mit einer Röntgenaufnahme eures Ziels belohnt und bekommt so unmittelbar nach dem Treffer veranschaulicht, wo die Kugel eintritt und welche, logischerweise verheerenden, Folgen das für euren Kontrahenten hat.

Uncut

Sniper Elite 4 kommt auch bei uns in Deutschland uncut raus. Warum ist manchen Spielern eigentlich die Symbolik so wichtig? Ganz recht: Das Kreuz mit dem Hakenkreuz. Mir ist es schlichtweg egal, ob ein Spiel diese Symbolik beinhaltet, oder ob diese weggelassen wird. Der § 86a StGB „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ steht vielen Spielen im Weg. Das Weglassen der Hakenkreuze  macht für mich ein Spiel nicht mehr oder weniger attraktiv. Rebellion verzichtet in Sniper Elite 4 weltweit auf die Symbolik. Ist doch auch vollkommen okay, denn auf andere Werte kommt es im Spiel an. Es ist für die Action und Spannung einfach unerheblich, ob ein Hakenkreuz irgendwo prangt, oder nicht. Just my two cents.

 

Multiplayer

Der Multiplayer kehrt zurück und das mit einem überraschend großen Angebot. Es gibt viele klassische Modi und ein kooperativer Überlebensmodus ist auch am Start. Alleine oder aber auch mit Freunden bringen die verschiedenen Modi richtig Spaß. Bis zu 12 Spieler dürfen sich in sechs speziell entworfenen Karten bekriegen. Der Entwickler verspricht zudem noch mehr neue Modi und Karten kostenlos nachzuliefern. Zudem kann man sich in seinem Ranking dadurch gut hochleveln, denn mit einem höheren Level dürfen wir auch gleichzeitig neue Waffen freischalten.

Mediterranes Koop-Snipern

Die Kampagne von Sniper Elite 4 lässt sich komplett kooperativ mit einem Mitspieler online durchspielen. Ihr solltet Euren Onlinefreund weise wählen und Euch auch gut absprechen, wer welches Ziel angreift, ob ihr getrennte oder gemeinsame Wege bestreitet- Taktik und Absprache ist gefragt. Aber Vorsicht: Werdet Ihr oder Euer Partner im Gefecht verletzt und könnt Euch nicht selbstständig heilen,

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dann solltet Ihr schnell erste Hilfe leisten, bevor Euer Kumpel verblutet und Ihr dann beide scheitert und an einen Rücksetzpunkt von vorne beginnt. Die Rücksetzpunkte sind aber sehr fair gesetzt, wenn auch manchmal etwas ungünstig, wenn man gerade mitten in einem wilden Gefecht respawnt und Euch rasch orientieren müsst.

Klar kann man Sniper Elite 4 auch völlig ohne Taktik auf die Rambo-Methode spielen und sich wie die Axt im Wald durchkämpfen, das nimmt aber meines Erachtens von selbst den Spielspaß. Probiert dies aber nicht im Einzelspielermodus, denn alleine werdet Ihr kläglich scheitern und nicht weit kommen. Außerdem ist es doch eh viel cooler, wenn man durch das Gemeinschaftsgefühl Erfolge erzielt und sich virtuell ein High Five überträgt.

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Fazit

Wenn man gerade Sniper Elite 3 noch in Erinnerung hat, oder gar Fan von diesem Teil war muss man sich eingestehen, dass der dritte Teil im direkten Vergleich mehr Spaß brachte. Woran liegt es? Ich habe lange darüber nachgedacht, denn die Neuerungen sind eigentlich nicht schlecht- vielleicht liegt es daran, dass die Areale wirklich zu groß geraten sind? Was mich wirklich störte ist der Fakt, dass es zu wenige Stellen im Areal gibt, wo man wirklich geräuschlos snipern kann. Das heißt, es gibt zu wenig Geräuschkulisse, die man als Ablenkung vom Schussgeräusch nutzen kann. Man wird zu oft entdeckt und schreckt somit ganze Heerscharen an Feinden auf, die dann zum letzten Aufenthaltsort hingesputet kommen. Wie würde man mit einem Stein auf einen Bienenstock werfen. Da hilft nur, die Beine in die Hand nehmen und sich ein neues geeignetes Versteck suchen.

Hier und da gibt es im Text kleine Übersetzungsfehler, nichts wildes und eher zum Schmunzeln, aber dennoch eine Erwähnung wert. Weder Storyline noch Grafik können uns wirklich vom Hocker reißen, doch rein spielerisch macht das Spiel genug Freude, um darüber großzügig hinwegzusehen. Optisches Highlight ist mit Sicherheit die Killcam. Nennen wir es leicht makaber, jedoch irgendwie auch motivierend.

Kurzum: Sniper Elite 4 ist nicht perfekt, dennoch macht es vieles richtig: Die Gameplay Verbesserungen, wie zum Beispiel die schlauere KI, zünden und die Performance läuft. Abstriche gibt es leider in der Grafik und in der Storyinzenierung.  Sniper Elite 4 ist vielleicht nicht das stärkste Spiel der Reihe, jedoch aber ein überzeugender Shooter, der sich alleine vom Spielprinzip klar von der Masse abheben kann.

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911 Operator

24. Februar 2017 4
9 Comments
  • Johnny Riot 7 Jahren ago

    Ich finde es richtig scheiße das man bei solchen spielen immer auf deutsche schießen muss. Kann es nicht mal ne deutsche Kampagne geben oder so in der man als deutscher Scharfschütze auf Engländer schießt oder so? Immer nur Nazi, Nazi, Nazi … total lächerlich 🙁 Man wurde damals​ eingezogen und es bestand eine Wehrpflicht. Da hat dich niemand gefragt ob du ein Nazi bist. Sorry fürs gemecker, aber ein wirklich schöner Test und ich werde mir das Spiel holen, wenn es günstiger ist. so für 40 Euro OK.

    • Lisa 7 Jahren ago

      Jajaja… hier spricht wieder jemand mit einer altbekannten Keule. Vergangenheit kann man nicht streichen, sie existiert und war schlimm. Ein Ego-Shooter in dem man mit Nazis auf andere Truppen schießt, wäre wahrscheinlich die größte Dummheit, die ein Entwickler auf den Markt bringen könnte. Ganz im ernst… keinen ausländerfeindlichen oder AfD-positiven Deppen werden die Storysequenzen interessieren, in denen über die Wehrpflicht etc. gesprochen wird. Das ist denen egal. Ich würde das eher in ein This War of Mine ähnliches Spiel integrieren. Deutscher Soldat im 2. Weltkrieg mit Zweifeln, Depressionen, Angst, … Aber KEIN Egoshooter!

  • Andi lebt 7 Jahren ago

    Sehr gut. Die Levels sind VIEEEL größer und noch viel weniger linear als in 3. Dadurch ist auch die Spielzeit pro Level länger. Und wahrscheinlich auch die Gesamtzeit. Die KI ist sehr gut im Umgehen und von woanders auftauchen, aber relativ vergesslich was Angriffe und Tote angeht. Nicht sehr realistisch aber wohl gut für die Spielbarkeit. Keine große Änderung also. Aber sie war auch vorher ok.

  • F3u3rwalz3 7 Jahren ago

    Das Spiel hätte mich eigentlich interessiert. Aber 60€ ist mir für ein Pc Spiel viel zu teuer! Und dann noch DLC´s? Nein, Danke!

  • Mullifee 7 Jahren ago

    Klingt interessant, denke aber dass ich das niemals beherrschen würde, auch wenn ich ein Fan von Shootern bin. Aber klasse Artikel!

    • Frau Zimmy 7 Jahren ago

      Glaube da müsste jeder mit zurecht kommen, denn du kannst die Schwierigkeit individuell anpassen. Das heißt, der leichteste Grad ist ohne Kugelballistik und dummer KI 😉

  • Gurki 7 Jahren ago

    Also ich mochte den 3. Teil sehr gerne. Klar ist das Spielprinzip nicht jedermanns Sache aber ich mag die offenen Level und die Entscheidungsfreiheit. Werd ich mir demnächst holen 🙂 Danke für den Test.

  • Lisa 7 Jahren ago

    Ich kam mit dem 3. die ersten paar Stunden besser klar, als nun mit dem 4.

    Aber schöner Test!

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