5. Mai 2017

Sniper Ghost Warrior 3

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Die Reihe Sniper: Ghost Warrior ist ein Kuriosum sondergleichen. Obwohl weder Story noch Gameplay zu irgendeiner Zeit tiefgründig waren, oder viel Spielraum zum experimentieren ließen, wusste das „Rumstealthen“ und Snipen doch auf seine ganz eigene Weise zu unterhalten – zumindest wenn ich von mir ausgehe. CI Games bringt nun mit Sniper: Ghost Warrior 3 den neusten Teil der Reihe, welcher sich besonders was die spielerische Freiheit angeht von den beiden bisherigen Teilen abheben soll. Bereits Anfang Februar gab es eine PC-Beta Phase, in welcher man zwei Missionen spielen konnte, um sich einige erste Eindrücke zum Spiel zu verschaffen. Ob sich mein bis dahin positiver Eindruck im Spiel bestätigt lest ihr hier.

Die Story

Du schlüpfst in die Haut von Captain Jonathan „Jon“ North, einem Marine der zusammen mit seinem Bruder Robert einen Auftrag im Russisch-Ukrainischen Grenzgebiet zu erledigen hat. In einem verlassenen Testgelände für Bio-Waffen aus der Sowjet-Zeit befindet sich ein Biologisch gefährliches Überbleibsel der Waffen welches es zu zerstören gilt, bevor sie in die falschen Hände fällt. Unmittelbar nach erfolgreicher Erledigung des Auftrages geraten die Beiden in den Hinterhalt einer Spezialeinheit, geführt von einem Kerl namens Vasilisk und werden gefangen genommen. Nach einer Partie russisch Roulette schlägt Vasilisk Jon nieder, und lässt ihn zurück während Robert in Gefangenschaft genommen wird.
Zwei Jahre später finden wir uns in Georgien wieder. Unsere Aufgabe ist es, dort ansässige Separatisten Zellen zu destabilisieren und dem georgischen Widerstand unter die Arme zu greifen. Selbstverständlich haben wir einen solchen Auftrag nicht ohne Grund angenommen. Nebenher ist es immer noch unser Ziel, den verlorenen Bruder Robert wieder zu finden, oder zumindest mehr über seinen Aufenthalt zu erfahren. Dazu erledigen wir in klassischer „Eine Hand wäscht die andere“ Manier unsere Aufträge und schießen uns durchs Spiel. Sniper Ghost Warrior 3 erinnert bei der Erzählung stark an einen klassischen B-Movie Actioner, wenig erzählerische Tiefe – viel Sack raus. Und ist der Auftrag noch so schwer, einen knallharten Sniper stört das nimmer mehr.

Unsere Base

Im Spiel planen wir unsere Einsätze von einer Operationsbasis aus, welche nicht mehr als eine spartanisch eingerichtete Höhle ist. Hier nehmen wir die Missionen an, stellen die Bewaffnung zusammen, oder craften uns mit im Spiel gefundenen Materialien neue Munition und Sprengstoff für unsere Einsätze. Eine Matratze zum ruhen steht ebenfalls parat, um die Zeit bestimmen zu können an welcher wir losschlagen wollen. Mancher Einsatz lässt sich bei Nacht vielleicht effektiver angehen als am Tage. Ärgerlich, für jede der Hauptmissionen müssen wir zwangsläufig unsere Basis aufsuchen, denn die lassen sich wirklich nur von der Basis aus starten. Während wir nach einer Mission gemächlich mit unserem Lada durch die Berge tuckern, hören wir zwar über Funk was unser Operator als nächstes für uns geplant hat, trotzdem können wir nicht einfach ins Zielgebiet fahren und loslegen.

Be a Sniper

Kommen wir zum interessanten Teil, dem Snipern. Wenn wir einen Einsatz angehen, suchen wir uns erstmal im Zielgebiet ein nettes Plätzchen und lassen unsere Drohne aufsteigen. Durch dieses Gadget können wir komfortabel das Gebiet überblicken, und dabei unsere Feinde markieren. Auch passende Spots von welchen aus wir eine gute Schussposition haben erkennen wir auf diese Weise effektiv. Alles markiert, und einen groben Plan wie der Auftrag ablaufen soll? Dann mal los! Zuerst knipsen wir die außen stehenden Wachen aus, dazu Zielen wir auf einen der Kameraden, stellen die Entfernung in unserem Zielfernrohr ein, nutzen die Atemkontrolle, achten auf den Wind… und… Schuss… In Bullet Time sehen wir, wie unserem Opfer eine verpasst wird. Hat jemand den Schuss bemerkt? Nein, der Schalldämpfer ist noch frisch, und keine nahegelegene Patroullie hat was mitbekommen. Also schalten wir weiter unsere Gegner aus, bis wir letztlich unbemerkt das Ziel erreichen. Jetzt noch eben den Sabotageakt durchführen, das ausströmende Benzin durch Schüsse aus sicherer Entfernung entzünden, Feuerwerk begutachten und das Zielgebiet verlassen. Während wir auf dem Weg zur Operationsbasis der Nachbesprechung lauschen, und schon mal Infos über unseren nächsten Job erhalten, so kann es gern weitergehen. Während die Story eher mäßig vor sich hinplätschert und keine wirklich großen Überraschungen bietet (außer vielleicht für den Protagonisten selbst), reicht die Abwechslung in den Missionen und das Snipern in jedem Fall um weiter bei Laune zu halten.

Natürlich entledigen wir uns den Separatisten nicht ohne eine gewisse Form von Entlohnung. Unser Vorgehen belohnt uns für die jeweilig genutzten Fähigkeiten:  Bleiben wir verborgen, führen Stealthkills aus oder Verhören unsere Gegner, gibt’s Punkte für den Baum „Geist“. Markieren wir mit Hilfe unseres Zielfernrohrs, und unserer Drohne die Ziele und schalten sie effektiv nach und nach aus, gibt es Punkte für den „Sniper“Baum, und scheißen wir auf alles und zünden ein Feuerwerk welches sich gewaschen hat, gibt’s Punkte für den Talentbaum „Warrior“. Durch die gesammelten EPs lassen sich einige Fähigkeiten verbessern, wie etwa längere Atemkontrolle oder verringerter Materialverbrauch beim Craften.

Sniper goes Open-World

Die wohl größte und interessanteste Neuerung gegenüber den Vorgängern ist die offene Spielwelt. Insgesamt besteht das Spiel aus 3 Regionen welche durch Tunnel (Ladescreen) verbunden sind. Neben der georgischen Waldregion gibt es einen Damm, sowie eine Winterlandschaft zu entdecken. In allen drei Regionen finden sich Interessenpunkte, an denen es für uns etwas brauchbares zu entdecken gibt.  Das können beispielsweise feindliche Sniper sein, die auf unserer Abschussliste stehen, Sammelobjekte, Versteckte Geheimnisse oder Geiselrettungsmissionen. Leider ändert das nicht viel daran, dass das Erkunden schnell durch die relativ leer wirkende Gegend an Attraktion verliert, und man sich schnell wieder auf die Missionen fokussiert. Trotzdem gibt die Welt dem Spiel ein Gefühl von Freiheit welches die Vorgänger absolut vermissen ließen.

Grafik, Sound, Ki

Technisches Gerüst für Sniper Ghost Warrior 3 ist die Cryengine. Wer Titel wie Crysis kennt, sollte wissen das die Engine einiges auf dem Kasten hat, und Optisch echte Highlights auf den Bildschirm zaubern kann. Sniper allerdings ist eher als Durchschnitt anzusehen, Gesichter lassen Details vermissen, man stolpert immer mal über matschige Texturen und – wohl auch der eher kargen Landschaft geschuldet – fehlt es an Abwechslung. Wirklich ansehnlich sind Zusammenspiele aus Licht, Umgebung und Wetter, wenn man morgens aus seiner Höhle gekrochen kommt, auf dem See noch etwas Nebel hängt, und durch die tolle Beleuchtung die Sonne hervorscheint, das kann schon mal beeindruckend aussehen.
Die deutsche Synchro des Spiels würde ich persönlich nicht unbedingt als empfehlenswert erachten, teilweise sind die Dialoge so platt gesprochen, dass man Jon seinen testosterontriefenden flappsigen Spruch als solchen eher wenig belustigend findet, ebenso kamen mir von Zeit zu Zeit einige Dialoge ein wenig Asynchron vor.
Auch die KI hätte etwas besser sein können, denn wenn man sich in einem Missionsgebiet umsieht, alles wie vorgesehen markiert, und sich leise und taktisch den Separatisten erledigt macht das Spaß, aber die andere Variante funktioniert aufgrund der Unfähigkeit der KI ebenfalls perfekt: Stehe auf einem Hügel unweit der Basis, puste in Seelenruhe alles weg was dort unten aufgeschreckt durch die Gegend rennt, und gehe zuletzt mit meiner AK im Anschlag runter, um die letzten Hühner von der Stange zu rotzen. Eigentlich kein Problem, hätten mir die Damen und Herren im Headset nicht zuvor noch gesagt wie schwer die Anlage gesichert ist, aber gut – so extrem wird es nur, wenn man sich nicht auf das Spiel einlässt.
Insgesamt würde ich die Technik als durchschnittlich bezeichnen. Auf meinem Testsystem bestehend aus einem Xeon E3-1240v3, 16GB DDR3, Radeon RX 480 8GB waren während der Spielzeit keine Auffälligkeiten festzustellen, auch Abstürze konnten nicht verzeichnet werden.  Positiv hervorzuheben wäre noch, das diverse Popups, welche mir in der Beta noch häufiger aufgefallen sind, selten bis gar nicht mehr vorkamen.

Fazit

Orientiere ich mich an den ersten beiden Teilen, würde ich zuerst auf die Story blicken. Diese hatten ebenfalls nicht unbedingt eine gute Geschichte an Bord, und trotzdem gewinnt Sniper Ghost Warrior 3 in dieser Kategorie. Blicke ich weiter und betrachte die offene Spielwelt, geht der Punkt ebenfalls an den neusten Ableger, wenn mich eine Sache zum Beispiel an SGW2 extrem genervt hat, dann dieses „Hey Sniper, ich bin dein Spotter, ich nehme dich an die Hand und sage dir das gesamte gottverdammte Spiel über was du zu tun hast, wann du wen erschießen sollst, und auch wann du das nächste Mal an deinen Klötzen zu kratzen hast“. Auch was die Vielfalt der Missionen angeht, macht mir Ghost Warrior 3 auf Anhieb mehr Laune als seine Vorgänger. Meiner Meinung nach, ist es mit Abstand der beste Teil der Serie, doch auch hier ist nicht alles Gold was glänzt.
Das Craftingsystem zum Beispiel: Man findet an so vielen Interessenpunkten Materialien zur Herstellung von Munition oder Zubehör, aber wozu brauche ich das? Gehe ich in meiner Basis von der Werkbank weg, und wende mich meinem Waffenarsenal zu, kann ich gegen die im Spiel gesammelten Handelswaren – und die gibt es ebenfalls zu genüge – alles was ich brauche käuflich erwerben. Oder das stumpfe Annehmen der Hauptmissionen in der Base, Jon steht doch permanent in Funkverbindung mit seinem Team, oder könnte alternativ ein Smartphone mit sich führen um Missionen anzunehmen. Auch das von uns besuchte virtuelle Georgien könnte ein wenig mehr Leben vertragen, auch wenn wir uns am Arsch der Welt bewegen.
Summa Sumarum hat mir das Spiel auf seine eigene Weise echt Spaß gemacht, platte Dialoge, gutes Sniper-Gameplay, unterhaltsame Missionsauswahl und eine Geschichte, die zwar nicht überraschend ist, aber trotzdem irgendwie den Charme eines Schwarzenegger 80er Jahre B-Movies mit sich bringt, kann man mal machen.

7

Stephans Fazit

7.0/10
2 Comments
  • Frau Zimmy 7 Jahren ago

    Danke für den Test. Ehrlich gesagt brauche ich nach Sniper Elite, welches ich schon durchgenudelt habe, wieder neues Futter. Ich mag Sniperspiele- trotz der doch durchschnittlichen Bewertung, hat mich der Test angefixt und ich würde es supergerne auf der PS4 bestenfalls mit meinem Kumpel spielen wollen!

  • Lisa 7 Jahren ago

    Ich werde es bei Gelegenheit mal austesten. 🙂

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