21. April 2017

Vollgas – Full Throttle Remastered

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1995. Musiker wie Rod Stewart und Luciano Pavarotti begeistern das Publikum. Steffi Graf übernimmt im Tennis die Spitze der Weltrangliste im Tennis, Franziska van Almsick sackt fünf EM Titel als Schwimmerin ein und Borussia Dortmund wird Meister. Und auch Lucas Arts bringen nach einer Idee von Tim Schafer einen interaktiven Point & Click Roadmovie der besonderen Art raus: Vollgas – Full Throttle.

Funktioniert der mittlerweile 22 Jahre alte und generalüberholte Adventureklassiker auch heute noch?

Wenn ich unterwegs bin, bin ich unzerstörbar. Keiner kann mich stoppen…

Wir schlüpfen in die Rolle des Bikers Ben. Als Chef der Motorradgang Pole Cats sind wir in einen teuflischen Hinterhalt geraten. Wir werden Zeuge des Mordes an an Malcolm Corley, dem Vorstand der letzten Motorradfabrik des Landes. Ben wird des Mordes beschuldigt, obwohl der Mord von dessen Stellvertreter begangen wurde, der dadurch hofft, das Firmenprofil zur Produktion von Minivans hin ändern zu können. Wir müssen schleunigst unsere Unschuld beweisen und die feindliche Übernahme von Corley Motors stoppen.

In einer Umgebung, wo Hover-Fahrzeuge der neueste Schrei sind, erinnert uns Full Throttle immer wieder daran an Dingen festzuhalten, die Bestand haben. Für Ben und seine Gang ist es das Allergrößte auf ihren Bikes zu sitzen und laut krachend über den Asphalt zu donnern. So vermittelt uns das Spiel vorweg schon mal ein gewisses Gefühl, einen Vorgeschmack auf die Kultur eines Bikers und an das Abenteuer eingestimmt heranzugehen.

Um Bens Charakter richtig kennenzulernen, bieten sich einige Point & Click –typischen Handlungen: Geht eine Tür mal nicht so auf, wie sie es soll, treten wir diese kurzerhand ein. Will der Barkeeper nicht mit der Sprache rausrücken, so befördern wir sein Gesicht auf den Tresen. Aber keine Angst, so brutal das hier klingen mag: Alles ist gespickt mit dem typischen Lucas Arts Humor und Sprüchen, der uns des Öfteren zum Schmunzeln bringt.

Wie bei vielen gefährlichen Straßen kann die Fahrt in einigen Teilen holprig werden. Es gibt Szenarien, da müssen wir uns mit Händen und Füßen, Morgenstern und Kettensäge gegen rivalisierende Motorradgangs wehren und diese von ihren Bikes hauen. Diese Abschnitte haben einen arcadigen Einfluss und ja, auch ein kleines Destruction Derby ist in Full Throttle versteckt. Diese Abschnitte könnten die klassischen Point & Click Spieler nerven, ich selbst habe sie als spaßige Auflockerung des Spielgeschehens gesehen.

Klar, auch ich hatte meine Frustmomente zu verbuchen. Die hatte ich aber auch bereits in der 1995er Version. Leute, da gibt es einen Abschnitt auf dem Schrottplatz, wo wir von einem Hund fliehen müssen- stimmt das Timing nicht, geht Ben zurück zum Anfang des Szenarios und wir müssen es wieder probieren. Wieder und wieder. Auch die Bikerkämpfe haben mich etwas genervt, aber hat man das Timing raus, wann man dem Gegner eine Latte über den Kopf ziehen muss, ist es gar nicht so schwierig, wie man anfangs dachte.

Ähnlich wie in Day of the Tentacle Remastered wurde in Full Throttle auch ordentlich an der Grafik geschraubt. Alles fühlt sich in dem neuen 16:9 Format glatt, aber auch natürlich an. Leute, die eher die Pixeloptik vorziehen können mit einen Tastendruck auf das Touchpad (PS4) oder F1 (PC) in den ursprünglichen klassischen Grafikstil zu wechseln. Ich persönlich konnte nicht aufhören zwischen alt und neu zu wechseln und habe Euch an dieser Stelle mal ein paar Screenshots zum Vergleich eingestellt.

Ansonsten gibt es noch einen Kommentarmodus, den wir nach Belieben an- oder ausstellen können. Wir hören die Entwicklerkommentare, die uns über ihren kreativen Prozess der Spielentstehung und der verschiedenen Szenen informieren. Die Bonusinhalte liefern zudem noch eine Konzeptgalerie mit Zeichnungen- für das Remaster von Full Throttle wurden sämtliche Artworks erneut von Hand gezeichnet und eine Jukebox mit der Spielmusik hinzugefügt.

Die ursprünglichen Voice-Sessions wurden von uralten Tape-Drives sichergestellt, um einen verbesserten und unkomprimierten Sound auszugeben. Full Throttle ist ein Vorzeigebeispiel, warum viele Spieler diesen Adventureklassiker lieben: Tim Schafer und seine Crew lehrten uns die Bedeutung der Aufrechterhaltung von Traditionen. Gleichzeitig beschäftigen wir uns mit einer Geschichte, deren Figuren uns durch eine zeitlose Reise begleiten und die uns viel Zufriedenheit und Freude bringt.

Fazit

Auch wenn Full Throttle in der Geschichte von den Lucas Arts Point & Click Adventures das wohl mit Abstand kürzeste Abenteuer ist gehört es dennoch zu meinen Lieblingen. Zugegeben: Die Rätsel sind nicht gerade schwierig, die Actionsequenzen etwas nervig, dennoch spielen wir einen charmanten Antihelden und bekommen einen rund vierstündigen Roadmovie der ersten Sahne serviert. Auch wenn die aufpolierte Grafik und der digitalisierte Sound um Längen besser sind als das Original, so bleibt das Spiel doch seinen Wurzeln treu. Man fühlt sich wieder wie damals in der „guten alten Zeit“ nur mit aufpoliertem Chrom. Den Entwicklern ist es gelungen eine wunderbare Atmosphäre zu vermitteln und die Biker Band „The Gone Jackals“ liefern einen Soundtrack der ins Ohr geht. Fans des Klassikers sollten nicht lange nachdenken und Full Throttle in den Einkaufskorb legen, denn für 14,99 Euro macht man hier nichts falsch. Adventurefans sollten die Perle unbedingt nachholen und Leute die generell mit dem Genre nichts anfangen können, lässt der Titel kalt.

Schaut doch auch mal in meiner alten Retroreview vorbei- kann nicht schaden.

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