Let’s get ready to RUMMBLEEEEEEEEE

Hulk Hogan, Macho Man Randy Savage, The Undertaker, The Ultimate Warrior. Das waren Helden aus dem Fernsehen, die mich als Knirps motivierten, vom Küchenstuhl auf meine Stofftiere zu springen und fest daran zu glauben, dass man eine Prügelei verloren hat, wenn man auf dem Boden liegt und ein Anderer bis drei zählt. Beide waren im Nachhinein keine guten Entscheidungen fürs Leben. Aber die Liebe für von Pathos und Testosteron nur so strotzende Ringkämpfe ist geblieben. Immer mit dem notwendigen Zwinkern im Auge, mit dem man so manche Ungereimtheiten übersehen kann. Und diese Liebe und das Augenzwinkern kommen auch beim neuesten Titel in der 2K Wrestlingreihe voll zur Geltung. Seid ihr bereit für WWE 2K Battlegrounds?

Von uns getestet auf Playstation 4, dank eines Rezensionsexemplars von Take 2 Interactive/2K Games und Saber Interactive. Vielen Dank dafür!

Ist doch alles nur Show!

Nachdem der aktuellste Teil der 2K-Wrestlingreihe WWE 2K20 eher kontroverse Wertungen erhielt und sich weniger ruhmreiche Bezeichnungen wie „Bugfest“ zuweisen lassen musste, wurde ein Nachfolger für dieses Jahr ausgesetzt und stattdessen mit Battlegrounds ein Ableger ins Leben gerufen, der weniger mit Realismus, sondern mit cartoonigen Grafiken, jeder Menge Spezialeffekten und einer sehr viel intuitiveren Steuerung zu überzeugen versucht.

Über 70 verschiedene Wrestler aus allen Epochen der WWE-Geschichte warten auf ihren Einsatz in lokalen, Online- und Offline-Matches. Ob 1 gegen 1, Tag Team, Royal Rumble oder Turniere, alle Modi können beliebig gegen KI oder andere Spieler ausgefochten werden. Der Story-Modus lässt den Spieler in die Rolle von fiktiven Wrestlern schlüpfen, die sich ihren Weg an die Spitze des WWE Battleground kämpfen. Eine neue Wrestling-Liga, gegründet von Manager-Legende Paul Hayman. Mit Stone Cold Steve Austin als Mentor und Trainer durchwandert man mehrere Kapitel, prügelt sich durch den nordamerikanschen Kontinent und Mexiko, lernt eine Menge anderer Wrestler kennen und vermöbelt sie dann ordentlich, um letztendlich am Traumziel aller WWE Superstars anzukommen: Wrestlemania! Die Story wird dabei in einfachen, nicht vertonten Comic-Strips erzählt.

Die Wrestler teilen sich in verschiedene Klassen auf. High Flyer, Allrounder, Techniker, Powerhouse oder Brawler. Diese unterscheiden sich durch Stamina, Gesundheit, Bewegungsgeschwindigkeit und natürlich das Moveset. Alle Klassen teilen sich gewisse grundlegende Manöver, haben allerdings andere Specials. Jeder Wrestler hat dazu noch einen eigenen Signaturmove. Was allerdings auch bedeutet, dass sich alle Wrestler einer Klasse bis auf diesen Move exakt gleich spielen. Zwar besitzen einzelne Wrestler auch einen Fähigkeitenbaum, den man allerdings nicht anpassen kann und der sich nur minimal auf die Spielweise auswirkt. Tatsächlich anpassen kann man seine Wrestler durch das Auswählen von Spezialfähigkeiten, die man während dem Kampf aktivieren und somit einen kurzen Schadensboost, mehr Verteidigung oder Geschwindigkeit erhalten kann.

Die Steuerung ist dabei sehr simpel gehalten. Ein simpler Druck auf eine Taste genügt, um einen Kick, Schlag oder Wurf auszuführen, den Gegner in die Seile zu werfen oder auf den Ringpfosten oder aus dem Ring zu klettern. Eine Schultertaste fürs Rennen, eine zum Ausführen von Special-Moves, fertig. Battlegrounds legt den Fokus eindeutig auf einfache, schnelle Action und vollkommen überzogene Moves. Konter zu gegenerischen Moves werden durch das schnelle Drücken eines angezeigten Buttons ausgeführt. Diese Quicktime-Events fallen aber sehr kurz aus und gehen leider meistens im Hacken anderer Knöpfe zum Aufstehen oder Klettern unter.

Die Wrestler sehen eher aus wie kleine Actionfiguren ihrer Selbst, mit riesigen Köpfen und Händen und Stummelbeinen. Dennoch lassen sich die meisten der Superstars ohne Probleme erkennen. Noch nicht freigeschaltete Wrestler findet man im Menü auch passenderweise in Blisterpacks verpackt. Ähnlich bunt und übertrieben sehen auch die Moves aus, bei denen brennende Hände, meterhohe Würfe und Explosionen sich abwechseln. Auch lassen sich die Gegner ins Maul eines Krokodils oder unter die U-Bahn werfen oder mit einer ferngesteuerten Ziege verhauen. Und wer Wrestling kennt, der weiß, daß das nichtmal das Merkwüdigste ist, was man dort je gesehen hat.

Akustisch begleitet werden die Matches vom Kommentatorenteam Mauro Ranallo und Jerry ‚The King‘ Lawler. Außerdem betritt jeder der Superstars den Ring mit seinem eigenen Themesong.

Wer sich lieber mit einem eigenen Charakter in den Ring werfen will, der darf sich seinen eigenen Wrestler und auch eine eigene Arena erstellen.

Botch!

Ein Botch ist in der Wrestling-Fachsprache ein verpatztes Manöver, das potenziell einen der Kontrahenten verletzt und gefährdet. Und leider gibt’s davon im übertragenen Sinne auch einige bei 2K Battlegrounds.

Den Elefanten im Raum sollte man auch zuallererst ansprechen. Sämtliche Inhalte, die nicht durch das Spielen der Story erreicht werden können, müssen mit einer von zwei Ingame-Währungen freigeschaltet werden. Wrestling-Bucks, die durch das Absolvieren von Story, Kämpfen oder täglichen Aufgaben als Belohnung winken und Gold-Bucks, die ihr im Shop mit hart verdienten Euros kaufen könnt. Ein neuer Wrestler, je nach ‚Seltenheit‘, kostet ab 3000 bis hin zu 9000 normaler Bucks, entsprechend 100 bis 300 oder mehr Gold-Bucks. Für jeden Wrestler gibt es außerdem noch zwei oder drei alternative Kostüme, die ebenfalls alle gekauft werden können.

Von allen 70 Wrestlern startet man zu Beginn, je nach Edition, mit einem bis maximal vier, der Rest wartet winkend und klopfend in den Blisterpacks im Shop. Auch die einzelnen Wrestling-Ringe und Bauteile für den „Bau Dir einen Ring“-Modus müssen erst mit Bucks erworben werden. Und zu guter Letzt kann man mit diesen Bucks auch die Perks der Wrestler upgraden, was auch gleichzeitig die einzige Möglichkeit im Spiel darstellt, die Charaktere zu verbessern und schwerere Gegner zu einfacher zu besiegen.
Selbst die Investition von noch einmal so viel Echtgeld in Ingame-Währung wie der Kaufpreis des Spiels reicht nicht annähernd aus, um alle Elemente freizuschalten.

Kurz: Nachdem man das Spiel käuflich erworben hat, sitzen 90% des Inhalts wiederum hinter einer Paywall. Ja, man kann alle Inhalte des Spiels durch bloßes Spielen freischalten und muss keinen weiteren Cent ausgeben. Aber anhand der Rate, mit der man die Bucks durch Siege und Quests erhält, ist das ein im besten Fall unfassbar mühsames Unterfangen oder kurz gesagt: Battlegrounds nutzt die Ökonomie eines gängigen Pay 2 Win-Handyspiels.

Das Gameplay von Battlegrounds macht vor Allem im ersten Kapitel der Story wahnsinnig Spaß und begeistert sofort. So ging es auch mir, ich war hin und weg. Doch schon das zweite Kapitel setzt dem Ganzen einen gewaltigen Dämpfer auf, da der Schwierigkeitsgrad gefühlt durch die Decke schießt. Eine allgemeine Schwierigkeitsstufe in den Optionen gibt es nicht. Die regulären Gegner des Story-Modus erweisen sich hier noch als faire Gegner, aber viele der Nebenquests, die man zum Freischalten von neuen Fähigkeiten benötigt, erscheinen übermächtig und frustrierend. Nach einiger Zeit stellt man nun fest, dass es hier nur zwei Möglichkeiten gibt: Hat man die gottgleichen Reflexe, um alle Konter zu schaffen, hat man einen sehr elitären Freifahrtschein durch das Spiel erhalten. Andernfalls reicht in den meisten Kämpfen ein repetitives Hämmern auf den Schlagknopf. Die KI-Gegner sehen in der Regel davon ab, den Pin auszuführen und rennen lieber im Ring herum, als den Kampf zu beenden. Was anfangs noch richtig Spaß machte, wird schon nach wenigen Stunden monoton und langweilig. Die Move-Sets der verschiedenen Wrestler geben hier auch ihr Übriges dazu, da sie sich nicht signifikant genug voneinander unterscheiden. Und sie wirken auch wenig glaubwürdig, wenn zum Beispiel Schwergewicht Bray Wyatt die gleichen Attacken nutzt wie wesentlich zierlichere Mandy Rose.

Leider hat sich auch ein ‚Feature‘ der WWE-Reihe in Battlegrounds eingeschlichen, das schon bei anderen Iterationen bemängelt wurde: Die inhaltliche Ferne zum eigentlichen Produkt, das man im Fernsehen bestaunen darf. Zunächst tauchen im Roster von Battlegrounds einige Wrestler auf, die schon im April in einer Massen-Entlassung ihren Vertrag bei der WWE verloren, namentlich zum Beispiel Luke Gallows und Karl Anderson, auch als das Tag Team The OC bekannt.
Die optischen Gimmicks der Wrestler wurden ebenfalls nur teilweise mit Liebe zum Detail bedacht. Während zum Beispiel Bray Wyatt alle drei seiner Alter Egos mit The Fiend, The Eater of Days und Firefly Funhouse zur Auswahl hat, gibt es bei den meisten Charakteren gerade einmal leichte Farbvarianten. Hier wären ältere Gimmicks wie die Schweißerbrille von Becky Lynch oder die verrückten Frisuren von Naomi eine hervorragende Möglichkeit gewesen, die alternativen Skins auch attraktiv zu machen. Zugegeben, das spart zumindest ein wenig Ingame-Währung.

Selbst die Menüführung lässt zu wünschen übrig. Das einzige Element, um seine Wrestler aktiv zu verbessern, das Steigern der Perks, ist als Unter-Untermenü im Kaufbildschirm für zusätzliche Wrestler versteckt. Der Shop für Echtgeld-Währung prangt dagegen gut sichtbar auf der Startseite.

1… 2… 3… Ring the Bell!

Was hatte ich mich gefreut, dass es ein simples Wrestlingspiel gibt, das ich mit Kumpels übers Netz oder im sicheren Abstand von 2 Metern im gut durchlüfteten Raum vor dem heimischen Fernseher zocken kann. Oder einfach mal ne Stunde oder zwei wenn ich abends abschalten möchte. Aber leider erfordert dies, dass ich mich durch einen unmenschlichen Grind winde, um alle Wrestler, die ich so gern mag, erst einmal spielbar zu machen. Wrestling lebt von der Verbindung von Fans zu ihren Idolen und Lieblingen und eigentlich ist es ja ein cleverer Schachzug, diese Motivation auszunutzen. Aber nicht auf einem derartig niedrigen Niveau.

Battlegrounds hat einige Macken, aber das generell rasante Gameplay mit knalligen Effekten und coolen Moves hat für ne schnelle Runde mit Freunden oder Online-Matches was zu bieten. Und an sich würde dann auch der Preis von ca. 40€ dazu beitragen, dass trotz einiger Schwächen im Story- und Offline-Modus die Wertung im oberen Drittel anzusiedeln wäre. Aber fast den gesamten Inhalt des Spiels hinter einer Paywall aus Ingame-Währung zu verstecken, die statt motivierender Herausforderungen einfach nur einen stumpfen Grind erfordert, ist gelinde gesagt eine Katastrophe.

Kurz gesagt: Battlegrounds wäre ein wirklich gutes Arcade-Wrestlingspiel, wenn nicht Micro Transactions und Ingame-Währung einen Großteil der Inhalte versperren würden.

Ich warte gespannt und mit Freude auf das angekündigte Videospiel der AEW.

WWE 2K Battlegrounds

5

Wertung

5.0/10

WWE 2K Battlegrounds erscheint am 18. September 2020 auf Nintendo Switch, PlayStation 4, Xbox One, Microsoft Windows und Google Stadia.

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